Großartig!

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kirstin Avatar

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Anna Brüggemanns Roman "Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen" hat mich sehr beeindruckt und mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Die Autorin beschreibt über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten das komplizierte Beziehungsgeflecht von Mutter Regina, Nachkriegskind und Psychotherapeutin und ihren beiden Töchtern. Die ältere, Antonia, kann es der Mutter nie recht machen, sie geht stets in die Defensive und resigniert irgendwann, erwartet eigentlich nichts mehr von ihrer Mutter und leidet doch immer wieder unter der Bevorzugung ihrer jüngeren Schwester, Wanda. Wanda hingegen wünscht sich nichts mehr als die Anerkennung der Mutter. Bis zur Selbstaufgabe versucht sie, das Bild einer perfekten Tochter zu zeichnen. Immer die Beste, Intelligenteste, Dünnste - das muss sie sein, um in ihren Augen vor der dominanten Mutter zu bestehen.
Die Autorin schafft es, ihre Charaktere so ambivalent darzustellen, dass man als Lesende von völligem Unverständnis, teils Entsetzen über die Äußerungen der Protagonisten bis hin zu Mitleid und Verständnis schwankt. Sie zeigt deutlich, wie die Beziehung zur Mutter Menschen prägt, ein Leben lang begleitet und auch beeinflusst. Auf großartige Weise versteht es Anna Brüggemann, ihren Personen eine Bühne zu verschaffen, sie schreibt modern und klar. Jede Mutter von Töchtern sollte dieses Buch lesen!