Drohbriefe aus der Vergangenheit

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Der Thriller "Wenn sie lügt" von Linus Geschke handelt von Goran, der nach fast zwanzig Jahren in sein Heimatdorf in Thüringen zurückkehrt weil seine Jugendfreundin Norah anonyme Drohbriefe erhält, in denen ihr vorgeworfen wird, am Mord zweier Jugendlicher durch ihren Ex-Freund mitschuldig zu sein. Auf der Suche nach dem Schreiber der Briefe, müssen sich die beiden der Vergangenheit und ihrer zerrütteten Freundschaft stellen.

Die Geschichte verläuft auf zwei Zeitebenen und wird aus der Sicht mehrerer Personen erzählt. Der Wechsel zwischen der Gegenwart und dem Jahr 2004 bringt etwas Schwung in die bisweilen zähe Handlung. Der Schreibstil liest sich flüssig und kommt nach einem etwas langwierigen Anfang gut in Fahrt. Interessant sind die Einschübe zu realen Verbrechensstatistiken.

Beide Protagonisten sind nicht unbedingt sympathisch. Goran führt fragwürdige Geschäfte in Berlin und Norah hat die ganze Zeit Geheimnisse. Sie wirkt naiv, trifft nicht nachvollziehbare Entscheidungen und vermittelt durch ihre Verheimlichungen das Gefühl, den anonymen Briefeschreiber gar nicht finden zu wollen. Zentrales Thema in der Vergangenheit ist die toxische Beziehung Norahs zu David, die die Freundesgruppe entzweit. Während es für Norah Liebe ist, beginnt David sie mehr und mehr zu kontrollieren. Als sie ihn verlässt, bedrängt er sie und tötet letztendlich ein befreundetes Paar. Auf der folgenden Flucht war David mutmaßlich ertrunken.

Die Idee der Geschichte ist interessant, in der Umsetzung gäbe es aber noch ein bisschen Luft nach oben. Die Beschreibungen des Dorfes und der Beziehungen der verschiedenen Personen sind sehr gut gelungen. Die Wendungen sind für geübte Lesende des Genres leider nicht so überraschend. Spätestens auf der Hälfte des Buches habe ich mir anhand der Briefe denken können, wer der Schreiber sein musste und welches das letzte Geheimnis Norahs war.

Insgesamt liefert das Buch einen realistischen Einblick in den Verlauf einer toxischen Beziehung, kann aber im Thriller-Teil nicht vollständig überzeugen.