Ein Wutrausch in Buchform, von dem ich mir mehr Tiefe gewünscht hätte
Ich habe große Hoffnungen in das Debüt von Mascha Unterlehberg gesetzt, weil ich Geschichten über wütende Frauen sehr gern lese. Mir persönlich ist es dann aber wichtig, dass ich emotional auch darüber hinaus von den Figuren mitgenommen werden. Nicht zwangsläufig muss für mich die Wut am Ende verpuffen, ich kann ihre Anwesenheit auch nach der Lektüre noch gut aushalten. Aber hier hat es für mich auf Figurenebene nicht ganz gepasst.
Doch erst einmal zum Positiven: Der Roman hat mich durch seine innovative Schreibweise und die kurzen Kapitel schnell in sich aufgenommen. Der Schreibstil ist bissig, rau, getrieben und kommt ohne direkte Rede aus. Das ist zwar üblicherweise nicht ganz meins, hier konnte ich aber ingesamt gut damit leben. Jara erzählt fragmentarisch, aber auch irgendwie rauschhaft, was meiner Meinung nach sehr gut zur Wut beider Protagonistinnen passt. Gleichzeitig verschwimmen auf Erzählebene Realität, Erinnerung und Fiktion immer wieder miteinander. Das fand ich gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlecht. Nicht immer wird klar, was genau nun Realität und was Fantasie ist. Rein literarisch erfordert der Roman also auf jeden Fall Einiges an Konzentration beim Lesen, obwohl er paradoxerweise geradezu zum schnellen Lesen verleitet.
Die zwei Mädchen im Fokus sind sehr verschieden und reiben sich darüber auch wiederholt aneinander, teilen jedoch eine tiefe Wut - primär eine Wut auf misogyne Strukturen und Männer, die sich nehmen, was sie wollen. Die Beziehung der beiden bewegt sich immer wieder hin und her zwischen Gemeinschaft (teilweise durchaus einer gefährlichen) und Auseinanderdriften aufgrund ihrer Unterschiede und gegenseitiger Missverständnisse.
Warum konnte mich der Roman aber nun doch nicht so begeistern, wie ich es erwartet habe? Zum einen hatte ich ein Problem mit Jaras Gewaltfantasien, in denen sie sich zwischendrin immer wieder verliert. Ob nachvollziehbar oder nicht, an der Stelle bin ich einfach eher sensibel. Und zum anderen konnte ich weder Jara noch Anto so richtig emotional greifen. Ihre Wut habe ich gespürt und sie hat mich auch in ihren Bann gezogen, so weh tat diese Realität beim Lesen. Abgesehen davon gab es für mich aber nicht so richtig viel und auch die Beziehung der beiden habe ich bis zum Ende nicht wirklich verstanden. Es blieben mir dann schlussendlich doch zu viele Leerstellen.
Ich sehe in der Autorin aber großes Potenzial und wäre auch für ihre Folgeromane offen. Ihr Debüt verstehe ich eher als eine Facette des Aufwachsens als weiblich sozialisierter Mensch. Wer Lust hat auf ein stark von Wut getriebenes Buch mit hohem Tempo und offen ist für literarische Innovation, wird hier auf jeden Fall fündig. Damit ich persönlich mich nachhaltiger an ihn erinnere, hätte der Text auf Figurenebene noch facettenreicher und konkreter sein müssen.
3,5 ⭐️
Doch erst einmal zum Positiven: Der Roman hat mich durch seine innovative Schreibweise und die kurzen Kapitel schnell in sich aufgenommen. Der Schreibstil ist bissig, rau, getrieben und kommt ohne direkte Rede aus. Das ist zwar üblicherweise nicht ganz meins, hier konnte ich aber ingesamt gut damit leben. Jara erzählt fragmentarisch, aber auch irgendwie rauschhaft, was meiner Meinung nach sehr gut zur Wut beider Protagonistinnen passt. Gleichzeitig verschwimmen auf Erzählebene Realität, Erinnerung und Fiktion immer wieder miteinander. Das fand ich gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlecht. Nicht immer wird klar, was genau nun Realität und was Fantasie ist. Rein literarisch erfordert der Roman also auf jeden Fall Einiges an Konzentration beim Lesen, obwohl er paradoxerweise geradezu zum schnellen Lesen verleitet.
Die zwei Mädchen im Fokus sind sehr verschieden und reiben sich darüber auch wiederholt aneinander, teilen jedoch eine tiefe Wut - primär eine Wut auf misogyne Strukturen und Männer, die sich nehmen, was sie wollen. Die Beziehung der beiden bewegt sich immer wieder hin und her zwischen Gemeinschaft (teilweise durchaus einer gefährlichen) und Auseinanderdriften aufgrund ihrer Unterschiede und gegenseitiger Missverständnisse.
Warum konnte mich der Roman aber nun doch nicht so begeistern, wie ich es erwartet habe? Zum einen hatte ich ein Problem mit Jaras Gewaltfantasien, in denen sie sich zwischendrin immer wieder verliert. Ob nachvollziehbar oder nicht, an der Stelle bin ich einfach eher sensibel. Und zum anderen konnte ich weder Jara noch Anto so richtig emotional greifen. Ihre Wut habe ich gespürt und sie hat mich auch in ihren Bann gezogen, so weh tat diese Realität beim Lesen. Abgesehen davon gab es für mich aber nicht so richtig viel und auch die Beziehung der beiden habe ich bis zum Ende nicht wirklich verstanden. Es blieben mir dann schlussendlich doch zu viele Leerstellen.
Ich sehe in der Autorin aber großes Potenzial und wäre auch für ihre Folgeromane offen. Ihr Debüt verstehe ich eher als eine Facette des Aufwachsens als weiblich sozialisierter Mensch. Wer Lust hat auf ein stark von Wut getriebenes Buch mit hohem Tempo und offen ist für literarische Innovation, wird hier auf jeden Fall fündig. Damit ich persönlich mich nachhaltiger an ihn erinnere, hätte der Text auf Figurenebene noch facettenreicher und konkreter sein müssen.
3,5 ⭐️