Death by text

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martinabade Avatar

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„Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau,
die am meisten Menschen umgebracht hat,
allerdings mit der Schreibmaschine.“

Agatha Christie (1890-1976)

Death by text

Häufig geht es in dieser Rubrik um das Ernste und das Tiefe in der Literatur, um die Komposition von Worten und Sätzen, um Weltgeschichte, Politik und Provinz, um Liebe und Tod. Jetzt mal nicht so.

Um den Tod, genauer gesagt: den gewaltsamen Tod, geht es in „Wenn Worte töten“ von Anthony Horowitz auch. Aber der wird bald zur Nebensache, je schneller und gründlicher der Leser in diesem Buch versinkt. Das hier ist einfach „nur“ ein äußerst unterhaltsames Lesevergnügen.

Anthony Horowitz ist in Großbritannien einer der bekanntesten Autoren der Gegenwart und ein medialer Tausendsassa. Er wurde 1955 in der Grafschaft Middlesex geboren und lebt heute mit seiner Familie in London.

Er schreibt Bücher für Jugendliche und Erwachsene, Drehbücher für TV-Serien, Theaterstücke sowie Filme und ist auch als Journalist tätig. Auf seiner Werkliste stehen weit mehr als 40 Bücher, darunter die Bestseller-Jugendserie „Alex Rider, für deren Verfilmung er auch die Drehbücher schrieb. Außerdem ist er u.a. Autor mehrerer Folgen der auch in Deutschland sehr beliebten Serie „Inspector Barnaby“ (Original: The Midsomer Murders). Von den Nachfahren Sir Arthur Conan Doyles (The Conan Doyle Estate) und dem Verlag Orion Books erhielt er den Auftrag, zwei neue Sherlock Holmes Romane zu schreiben. Daraufhin erschienen „Das Geheimnis des weißen Bandes“ und „Moriarty“ auch in Deutschland. Einige Folgen der Sherlock Homes Verfilmungen mit Benedict Cumberbatch sowie die zurzeit auf ONE laufenden Folgen „Agatha Christies MARPLE“ gehen auf sein Konto. Ebenso schrieb er den James-Bond-Roman „Trigger Mortis“, der 2015 erschien.

Die Hawthorne-Reihe geht: „Ein perfider Plan“, „Mord in Highgate“, „Wenn Worte töten“. Jedes Buch steht für sich und funktioniert auch ohne Kenntnis der Vorgänger, aber kuscheliger wäre eine chronologische Reihenfolge schon. Man versteht einfach bestimmte Anspielungen besser.

Das Ganze funktioniert nach der guten, alten Sherlock Holmes Methode, ein klassischer Who Dunnit. Weswegen an dieser Stelle auch nicht allzu viel über die Handlung verraten wird.

Horowitz und Hawthorne werden zu einem Literaturfestival auf die Kanalinsel Alderney eingeladen. Ein ganz neues Event, gesponsert von einem Menschen, der sein Geld mit einem Internet-Casino gemacht hat. Und ein Sympath ist dieser Charles Le Mesurier auch nicht. Aber, die illustre Runde der eingeladenen Schreiberlinge, die in der Zusammenstellung ein bisschen wie von „Rudis Resterampe“ eingekauft wirkt, steht ihrem Gastgeber in fast nichts nach. Fast niemand ist, wie er oder sie scheint. Und das Geschäft mit der Literatur ist durchaus brutal merkantil.

Horowitz ist auch nicht amused, weil Hawthorne ihn bei jeder Möglichkeit aussticht. Alle wollen „den echten Detektiv“ sehen und sprechen; der „Jugendbuchautor“ in seinem Schlepptau ist nicht mehr als ein lästiges Anhängsel. Eitelkeit und Selbstwert sind böse, aber sehr schön selbstironisch gekränkt. Die Dinge nehmen ihren Lauf und am Ende stehen wir amtlich mit drei Leichen knietief im Blut.

Das ist keine Literatur, aber ähnlich unterhaltsam geschrieben wie Martin Suters Texte. Horowitz weiß, wozu Adjektive gut sind, und er benutzt sie reichlich. Er beschreibt Natur und Menschen sehr pointiert. Auch die Insellage kommt dem Plot zugute. Abgeschiedene Orte, in denen sich die Verdächtigen gegenseitig belauern, und die Situation nicht verlassen können, sind immer von Vorteil. Bald ergibt sich ein Netzwerk von Verbindungen, Lügen, (falschen) Alibis, Seitensprüngen, Neid und Eifersucht, das sich wirklich erst auf den letzten Seiten löst.

Eine passende Lektüre für die anstehende Urlaubssaison.