Solider Whodunit

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MEINE MEINUNG
Nach ihrem gelungenen Krimidebüt „Bis ihr sie findet“ hat die britische Autorin und mehrfach ausgezeichneten Theaterautorin Gytha Lodge nun mit „Wer auf dich wartet“ den zweiten Band ihrer Krimi-Reihe rund um Detective Chief Inspector Jonah Sheens und sein Ermittlerteam der Hampshire Constabulary vorgelegt.
Auch bei ihrem zweiten fesselnden Kriminalfall dreht sich alles um den Tod einer jungen Frau, der beliebten und vielversprechenden Künstlerin Zoe Swardadine. Schon bald richtet sich der Fokus ihrer Ermittlungen auf den illustren Kreis ihrer Freunde, Bekannten und einen Geliebten mit sorgsam gehüteten Geheimnissen.
Auch wenn die Autorin ihren Lesern den Einstieg durch die verwirrende Vielzahl der Charaktere im Umfeld des Opfers nicht gerade leicht macht, ist man rasch von der vielschichtigen Geschichte gefesselt und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Der lebendige, anschauliche Schreibstil der Autorin lässt sich zudem sehr angenehm lesen.
Die komplexe Handlung hat die Autorin in zwei unterschiedlichen Erzählsträngen angelegt, die einander abwechseln und auf unterschiedlichen Zeitebenen laufen. Ganz typisch für einen klassischen „Whodunit“ verfolgt man zum einen die ausführlich und sehr authentisch geschilderten Ermittlungen von DCI Sheens Team in der Gegenwart. Zum anderen erhalten wir in dem in der Vergangenheit angesiedelten Handlungsstrang Rückblicke auf Zoes Leben und zugleich aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeit des Opfers, aber auch in ihre Freundschaften und Beziehungen. Die Handlung setzt etwa 20 Monate vor Zoes Tod ein, steuert allmählich auf ihren Todestag zu und rollt somit schrittweise die gesamte Vorgeschichte bis zu ihrem tragischen Tod auf.
Geschickt streut die Autorin immer neue Verdachtsmomente, legt falsche Fährten, offenbart brisante Details über die Familie, Freunde und Bekannten und lässt schließlich nahezu jeden aus Zoes Umfeld verdächtig erscheinen. Der rätselhafte Fall bietet durch den großen Kreis der Verdächtigen viel Raum für eigene Spekulationen über Täter und die möglichen Motive, wobei einiges für meinen Geschmack etwas zu konstruiert und durchschaubar war. Während der polizeilichen Nachforschungen wird immer deutlicher, dass sich fast ein jeder der Befragten durch Heimlichkeiten, dunkle Geheimnisse und wohl gehütete Ressentiments verdächtig macht, und die Beweggründe für die verhängnisvolle Tat in enttäuschter Liebe, Eifersucht, Hass, Misstrauen, Neid und anderen abgründigen Verletzlichkeiten zu finden sind.
Schrittweise kann sich der Leser aus den vielen zusammengetragenen Mosaikstückchen und den bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnissen ein vages Bild von den verhängnisvollen Ereignissen an jenem Tag machen.
Die Charakterisierung von Zoes Freunden und Bekannten sowie ihre komplizierten Beziehungsgeflechte sind von der Autorin sehr facettenreich und glaubwürdig angelegt. Gekonnt lässt sie uns in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken und offenbart schrittweise ein komplexes Geflecht von echter Freundschaft, Sympathien, Erwartungen, Abhängigkeiten und Schuldgefühlen. Sehr interessant ausgearbeitet sind auch die sympathische Hauptfigur von DCI Jonah Sheen und seinem Ermittlerteam mit der cleveren Kollegin Detective Constable Hanson, die nach und nach immer mehr Profil gewinnen. Ihr Privatleben tritt diesmal wohltuend in den Hintergrund.
Nach zahlreichen Wendungen und überraschenden Enthüllungen zieht die subtil aufgebaute Spannung zum Ende hin immer mehr an, gipfelt in einem spannenden Finale und einer sehr nachvollziehbaren und zufrieden stellenden Auflösung des Mordfalls.

FAZIT
Ein klassischer, recht ruhiger Whodunit mit einem verwickelten Fall und interessanten Polizeiermittlungen – fesselnd, clever konstruiert und toll geschrieben! Leider nicht ganz so gelungen wie der Auftakt der Krimi-Reihe!