Anni macht einen Fehler oder: Was die Biografie aus einem macht! Solider Roman mit Gefühl, aber Potenzial nach oben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
karla kolumna Avatar

Von

Das Buchcover wirkt verträumt, der Text ist ordentlich strukturiert und mit kleinem Bildchen pro neuem Kapitel verziert. Auffällig ist die wiederkehrende Teilüberschrift "Anni macht einen Fehler", wodurch auf ihre Biografie, repräsentiert durch einzelne Ereignisse, eingegagen wird. Das Geschriebene lässt sich leicht und schnell lesen, es wirkt sehr detailverliebt. Der Autor hat Spaß am Schreiben, so empfinde ich es.

Albom wählt einen guten Einstieg ins Buch, nämlich mit dem persönlichen Ende von Anni, der Protagonistin des Buches " Wer im Himmel auf dich wartet". Demzufolge ist gleich durch den Titel sowie durch die ersten Zeilen offenbart, wie der weitere Handlungsverlauf sich thematisch gestalten wird. Das Buch ist gefühlsbetont verfasst und lässt viel Raum für Spekulationen über ein Leben nach dem Tod. Auf diesem Gedanken des "Danachs" baut alles quasi auf. Sofern sich darauf eingelassen wird, kann das Buch durchaus auch Hoffnung und Trost spenden.

Zum Inhalt: Das Leben von Anni wird interessanterweise in Stunden rückwärts gezählt, was der Geschichte eine gewisse Tragik, aber auch andere Art von Spannung verleiht. Dieses Buch ist der Nachfolger des 2003 von Albom geschriebenen Romans "Fünf Menschen, die dir im Himmel begegnen" und es ist auch eng mit diesem verwoben, wobei beide trotzdem unabhängig voneinander gelesen werden können. Ein Unglück ereignete sich damals im Vergnügungspark Ruby Pier. Ein kleines Mädchen namens Anni - unsere Anni - konnte dank des mutigen Einschreitens von Eddi gerettet werden. Es wird immer wieder auf Annis Leben zurück geblickt, auf ihre Kindheit, vermeindliche Fehler in der Vergangenheit, die aufzeigen, warum Anni so geworden ist wie sie ist und bestimmte Entscheidungen traf. Sie hat während ihres bisher kurzen Lebens schon einige Rückschläge ertragen und dieses Schockerlebnis im Park nie verarbeitet. Nun scheint sich durch ihre Hochzeit alles zum Guten zu fügen, wäre da nicht von Anfang an die Gewissheit, dass Anni in wenigen Stunden sterben wird. Aber wer sagt, dass dieses jetzige Leben tatsächlich besser ist als der Tod?

Fazit: Das Buch liest sich gut und flüssig. Wer den ersten Roman mochte, hat gute Chancen auch diesen zu schätzen, wird allerdings wenig überrascht sein. Es ist dem Vorgänger sehr ähnlich und behandelt exakt die gleiche Thematik - mit neuer Protagonistin. Spannend ist natürlich zu verfolgen wie sich das Leben der kleinen Anni entwickelt hat. Aber ansonsten gab es da für mich zu wenig neue Reize und Wendungen. Vor über zehn Jahren hatte mich diese Thematik noch sehr fasziniert, heute wirkt sie zu idealistisch, zu glatt auf mich. Daher fand ich die Erzählung doch nur irgendwie mittelmäßig, teiweise auch "langweilig", wenn auch dennoch kurzweilig unterhaltsam. Die Charaktere blieben mir zu flach. Das Verhältnis zur Mutter war beispielsweise so (grundlos?!) ambivalent, die Beweggründe hätten mehr heraus gearbeitet werden können. An sich war dieser Teil nämlich spannend, warum Anni ihre Kindheit als nicht gerade harmonisch emfand... Darauf hätte es mehr nachvollziehbare Antworten geben können. Meiner Meinung nach bietet der (überraschende) Schluss des Buches dann noch eine Ungereimtheit: Ist Alboms Konstrukt des Himmels und des "Danachs" so wirklich schlüssig innerhalb der Fiktion?