Wenn sich erst im Himmel zeigt, dass vieles nicht so ist wie es scheinen mag

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elke seifried Avatar

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Annie könnte nicht glücklicher sein, heute heiratet sie endlich ihre große Liebe Paolo und der Tag ist traumhaft schön. Doch das Glück hält nicht lange an. Nach der Hochzeitsnacht hat Annie, durch einen Zufall an eine Visitenkarte gekommen, die Idee, die Hochzeitsreise mit einer Ballonfahrt beginnen zu lassen. Schnell ist Paolo überredet, dass das der Anfang des Endes sein würde, hat sicher keiner der beiden gedacht.

Man darf als Hörer in die Geschichte zur Hochzeithochzeitsfeier einsteigen, bei der bereits der Countdown bis zum Himmel läuft. Man erlebt ein schönes Fest, wundert sich da schon über einen Gast, der eigentlich längst tot sein müsste, und besteigt nach einer Nacht in einem Hotel einen Heißluftballon. Dass der Ballonfahrer es mit dem Wetterbericht nicht so genau nimmt, wird deren Verhängnis. Sie geraten in einen Sturm, Annie überlebt nur deshalb, weil Paolo sie rettet. Nun liegt er im Sterben. Eine Transplantation eines Lungenflügels kann ihn retten. Die Blutgruppe passt, ein Verwandter ist der Transplantationschirurg schlechthin und Annie besteht darauf ihn zu retten. Komplikationen treten auf und Annie wacht nach der Narkose nicht im Krankenhausbett, sondern im Himmel auf. Ohne Paolo hätte sie sowieso nicht leben wollen, daher macht ihr der eigene Tod nichts aus, wichtig ist aber zu erfahren, ob sie ihn wenigstens retten konnte. Bei der Suche nach einer Antwort trifft sie auf einige Personen, die ihr Leben gekreuzt und geprägt haben. Durch Gespräche mit diesen, muss Annie erkennen, dass sie im Leben vieles nicht oder falsch gesehen, vieles falsch interpretiert hat und dass sich die Wirklichkeit erst zeigt, wenn man mehrere Perspektiven sieht. In Rückblenden erfährt man von Erlebnissen in ihrer Kindheit bei denen sie stets dachte „Annie hat einen Fehler gemacht“.

Die Geschichte hat unheimlich viele bewegende Momente parat. Ich habe teilweise richtig mit Annie gelitten. Ein brutaler, eiskalter Vater, eine Mutter, die ihre Tochter aus Schuldgefühlen in Schutz nehmen will und sie damit unwissentlich erdrückt mit ihrer Liebe, Falschmeldungen, die ihr ein Leben auf der Flucht bescheren, das hat mich beim Lesen auf gar keinen Fall kaltlassen können. Für mich mitgenommen habe ich auch auf jeden Fall die Botschaft, dass Reden, dass klärende Gespräche, so wichtig sind und es oft eben nicht so ist, wie man sich einredet oder glauben mag. Schön dargestellt ist auch, wie sehr Erlebnisse einen Menschen prägen, die Verlustängste von Annie und ihre Gier nach Liebe und Anerkennung sind auf gar keinen Fall hausgemacht. Vielleicht ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass man auch sein eigenes, gelegentlich unbedachtes Verhalten noch einmal genauer hinterfragt. Die Vorstellung vom Himmel, die hier gezeichnet wird, kann sicher tröstlich sein, wenn man für solche Bilder empfänglich ist. Da ich es eher real brauche, das Hörbuch als Geschenk erhalten habe, konnte mich das auch nicht wirklich faszinieren, was aber eventuell auch einfach daran liegt, dass ich eher die falsche Zielgruppe bin.

Die Geschichte kommt trotz ergreifender Momente eher ruhig, vor allem aber unaufgeregt daher. Steffen Groth hat diesen ruhigen Erzählstil in seinem Vortrag gekonnt umgesetzt. Seine rauchige Stimme hat für mich für eine Geschichte, die im Irgendwo zwischen Leben und Tod spielt sehr gut gepasst und ich habe ihm auch gerne zugehört.

Auch wenn ich es eigentlich nicht so mit spirituellen Geschichten habe und es deshalb bei mir auch nicht für fünf Sterne reichen kann, sind vier auf jeden Fall drin.