Ein bisschen Murakami, ein bisschen Reißer...

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lolarennt Avatar

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Als Robert Fossick, berühmter Fotograf in seinen Vierzigern, nach dem Tod seiner dementen Mutter eine Schachtel erbt, die er einem "Mr Satoshi" zukommen lassen soll, steht er nicht nur vor einem Rätsel, er steht auch vor einigen Problemen.
Denn Robert, genannt Foss, leidet unter Panikattacken seit dem Unfalltod seiner Frau, kann nur mit Hilfe von Medikamenten und Alkohol das Haus verlassen und sich unter Menschen begeben. Seine Arbeit als Fotograf liegt brach, nur mit Mühe schafft er den täglichen Kampf gegen die eigenen Ängste. Nun muss er, will er dem letzten Willen seiner Mutter entsprechen, nach Japan reisen, um jemanden aufzuspüren, von dem er kaum etwas weiß - nur, dass es sich offenbar um eine Jugendliebe der Mutter gehandelt hat und die Adresse, an der besagter Mr Satoshi leben soll, nicht mehr aktuell ist.
Robert überwindet sich und reist trotz aller seiner Probleme. Schon am Tag nach seiner Ankunft lernt er die junge Studentin Chiyoko kennen, ein pinkhaariges Geschöpf mit schwarzen Fingernägeln, die ihm bei seiner Suche hilft.
So weit, so gut. Die Geschichte nimmt in Japan endlich Fahrt auf (wobei die Begegnung Foss-Chiyoko etwas sehr konstruiert wirkt) und in der Zeit, die Foss und Chiyoko miteinander in Tokyo verbringen, im Hotel Dolly mit seinem seltsam-weisen Besitzer Daisuke, der Spurensuche nach Satoshi - das hat beinahe Murakamische Qualitäten. Die Mischung aus distanzierter Erzählweise und sehr eindringlichen Begebenheiten, die präzisen Schilderungen der Umgebung - sehr gut gemacht.
Doch dann kippt die Gechichte in meinen Augen ein bisschen. Als sich die beiden nach Hokkaido aufmachen, um dort eine sehr konkrete Spur zu verfolgen, bekommt das Buch für mich einen leicht reißerischen Touch. Auch die Erklärungen, die die Vergangenheit dann letztendlich entschlüsseln, waren für mich zu vorhersehbar. Trotzdem sehe ich Potential in Jonathan Lees Stil und Erzählweise, denn der Mittelteil war ausgezeichnet und hat mich als Murakami-Fan ungemein gefesselt.