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Es ist schon manchmal interessant, wenn man mit Leuten über Bücher und Autoren spricht. Neulich habe ich mal bei zwei Gelegenheiten mit zwei ganz unterschiedlichen Bekannten, die beide gerne Krimis mögen, über Nele Neuhaus geredet. Die erste sagte direkt: „Nein, die Neuhaus schreibt mir nicht spannend genug, da geht es zu sehr ins Detail über das Umfeld der Figuren, der Fall gerät mir zu sehr in den Hintergrund.“

Ganz anders das Urteil der zweiten Bekannten: „Ich habe alle vier Bände von Nele Neuhaus in einem Schwung verschlungen. Sehr spannend, sehr gut.“

Und ich? Ich habe bis „Wer Wind sät“ immer wieder über Nele Neuhaus Romane gehört und gelesen und nun versucht, mir mit dem grade erwähnten Roman ein eigenes Urteil zu bilden. Das gibt es wie immer Stück für Stück.

 

 

Inhaltsverzeichnis:

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1. Die Autorin: Nele Neuhaus

2. Ort und Zeit der Handlung

3. Die Hauptfiguren

\*\*\*a) Pia Kirchhoff

\*\*\*b) Cem Altunay

\*\*\*c) Oliver von Bodenstein

\*\*\*d) Ricky

\*\*\*e) Jannis

\*\*\*f) Nika

\*\*\*g) Frauke

\*\*\*h) Mark

\*\*\*i) Ludwig Hinterreiter

\*\*\*j) Stefan Theißen

4. Die Geschichte

5. Themen

\*\*\*a) Windenergie

\*\*\*b) Freundschaft

\*\*\*c) Beziehungen

6. Erzählweise

7. Zielgruppe

8. Daten zum Buch

9. Pro & Contra

10. Fazit

 

 

1. Die Autorin: Nele Neuhaus

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Der Name lässt es schon erahnen, Nele Neuhaus stammt aus dem deutschsprachigen Raum,  geboren wurde sie 1967 in Paderborn,  als Nele 11 war, zog ihre Familie in den Taunus. Dort spielen auch viele ihrer Romane.

Zunächst begann sie zu studieren (Jura und Germanistik). Doch das Studium brach sie nach einigen Semestern ab. Bei einem Reitturnier lernte sie ihren heutigen Mann kennen. Mit ihm führt sie neben der Schriftstellerei einen Fleischerei-Betrieb.

Seit sie Kind war, schreibt Nele Neuhaus. Insgesamt hat sie acht Bücher veröffentlicht. „Wer Wind sät“ ist der fünfte Teil ihrer Kirchoff-Bodenstein-Reihe.

 

 

2. Ort und Zeit der Handlung

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Ich stelle es immer wieder fest: Mir fällt es leichter, mich in einen Roman hinein zu versetzen, wenn mir Ort und Zeit der Handlung bekannt vorkommen. Das ist auch bei dieser Geschichte der Fall. „Wer wind sät“ spielt in der Gegenwart. Die Region, in der das ganze passiert, der Taunus, ist mir zwar nicht ganz vertraut, aber die Orte spielen keine ganz dominante Rolle, es ist einfach eine Geschichte in grundsätzlich vertrauter Umgebung.

 

 

3. Die Hauptfiguren

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\*\*\*a) Pia Kirchhoff

Für Stammleser von Nele Neuhaus ist Pia Kirchhoff eine „alte Bekannte“, für mich als „Neuleserin“ eine Figur, die mir schnell grundsätzlich sympathisch ist – was ja für die Hauptfigur einer Geschichte nicht ganz unwichtig ist.

Pia Kirchhoff ist Ermittlerin. Die Stammleser kennen ihre privaten Hintergründe, die „Neuleser“ lernen sie kennen: Pia war mit dem Gerichtsmediziner Henning verheiratet. Doch der ist recht selbstbezogen, hat sie betrogen und ist nun mit Miriam zusammen. Pia dagegen hat mit Chritoph einen neuen Mann an ihrer Seite, Chrstoph, der bei einem ihrer vorigen Fälle Mordverdächtiger war, in den sie sich aber verliebt hatte.

Pia Kirchhoff wäre eine Figur, die ich gerne intensiver kennen lernen würde. Allerdings ist hier ein grundsätzliches Problem von Neuhaus Erzählweise, auf die ich später noch genauer eingehe: Sie wechselt zu sehr die Perspektiven. Dadurch bleibt man auch an Pias Seite nie besonders lang.

 

\*\*\*b) Cem Altunay

Cem ist Pias neuer Kollege, der direkt vom Typ her mit dem (gutaussehenden in der Türkei geborenen) Schauspieler Erol Sander verglichen wird. Cem hat Frau und zwei Kinder, ist aber direkt sehr offen gegenüber Pia, duzt die für ihn neue Kollegin sofort. Andererseits ist er „kooperativ“, ordnet sich ins Team ein, obwohl er in seinem früheren Dezernat auch bestrebt war, befördert zu werden).

 

\*\*\*c) Oliver von Bodenstein

Oliver von Bodenstein ist Pias Chef. Er hat an mehreren privaten Fronten zu kämpfen: Seine Frau hat ihn verlassen, sein Vater gerät mitten in die Ermittlungen des Falls.

 

 

\*\*\*d) Ricky

Ricky ist eine der Umweltschützer, die im Zentrum der Geschichte stehen, Sie sieht gut aus, ist sonnengebräunt, leitet eine Hundeschule. Ricky ist sich durchaus ihrer Ausstrahlung bewusst, nutzt die auch für ihren Kampf gegen einen Windpark.

Von ihren „Freundinnen“ (insbesondere von Frauke) wird Ricky ein Stück weit (wegen ihres guten Aussehens und Charmes) beneidet. Andererseits ist Ricky aber auch hilfsbereit, z.B. gegenüber Nika (die eine Unterkunft und einen Job braucht und von Ricky aufgenommen wird) und Mark (der Ricky anhimmelt und im Tierheim bei ihr Sozialstunden geleistet hat) angehimmelt.

 

\*\*\*e) Jannis

Jannis ist Rickys Freund, merkt aber, dass er sie nicht mehr wirklich liebt – und sich statt dessen zu Nika hingezogen fühlt.

Doch in erster Linie ist Jannis der treibende Mann der Bürgerinitiative, die sich gegen einen Windpark im Taunus einsetzt. Er hat selber früher für die Betreiberfirma Wind Pro gearbeitet, ist im Streit mit dem Unternehmen gegangen. Nun sammelt er Akten, um der Wind Pro miese Machenschaften nachzuweisen und den Windparkbau zu verhindern. Ob er dafür auch zu Mord fähig ist? Immerhin gerät Jannis ins Visier der Ermittler.

Und mit der Zeit merkt man auch als Leser/in: Jannis ist nicht nur der nette Kerl und engagierte Umweltschützer.

 

\*\*\*f) Nika

Zunächst wirkt Nika als „graue Maus“, die im Tierfachgeschäft arbeitet und verlässlich auch für den Webshop zuständig ist.

Als Jannis sie zufällig nackt sieht, verliebt er sich in sie – sie sieht in ihm nur den (etwas unangenehmen Freund von Ricky). Doch dann findet Jannis raus, dass Nika eigentlich eine andere ist – und sich bei ihnen unter falschem Namen und falscher Identität eingenistet hat.

 

\*\*\*g) Frauke

Frauke ist die Hundefriseurin im Tierfachgeschäft, sie ist etwas übergewichtig, nicht so schick wie Ricky und sie ist die Tochter von Ludwig Hinterreiter. Mit dem (durchaus reichen) Vater ist sie zerstritten. Frauke wirkt in weiten Teilen wie die Verliererin schlechthin – eben im Vergleich zu Ricky, zum Vater, aber auch zu den Brüdern, die beide Karriere gemacht haben (aber nun auch auf das Geld von Ludwig angewiesen wären).

 

\*\*\*h) Mark

Mark ist 16 – und vor allem in Ricky verknallt. Er selber gesteht es sich zwar zunächst nicht richtig ein, fühlt sich in ihrer Gegenwart wohl, sieht in ihr so etwas wie eine große Schwester. Doch er bewundert sie aus vielen Gründen: Für ihr Aussehen, für ihren Umgang mit den Tieren, dafür, dass sie ihm zuhört und hilft (z.B. Fahrstunden gibt). Und er würde alles für Ricky tun. Wirklich alles?

 

\*\*\*i) Ludwig Hinterreiter

Ludwig ist Fraukes Vater. Die Passage mit ihm war für mich am ehesten die Passage, in der ich schon bei der Leseprobe aufgehört hätte. Denn ich stelle ihn mir (bei allem Respekt, den ich im Alltag vor älteren Menschen habe) als „alten Zausel“ vor, mit Jägerhut und Jägermantel und Dackel dazu. Er ist für mich nicht unbedingt der Sympathieträger – und auch nicht für seine Kinder, zwei Söhne und Frauke. Die Söhne war en zwar zunächst beruflich erfolgreich, haben sich aber finanziell verhoben. Und auch Frauke könnte Geld gut gebrauchen. Aber Kinder und Vater ziehen an unterschiedlichen Strängen: Er engagiert sich in der Bürgerinitiative gegen den geplanten Windpark, seine Söhne und Frauke dagegen wollen, dass Ludwig ein Stück Land an die WindPro verkauft, damit der Windpark dort gebaut werden kann – 3 Millionen soll das bringen.

 

\*\*\*j) Stefan Theißen

Der erste Eindruck, den man als Leser von Theißen gewinnt: Er ist ein guter Kerl. Doch nachdem ich schon die anderen Figuren vorgestellt habe, ahnt man vielleicht schon unterschwellig: Theißen ist mit Vorsicht zu genießen. Diese Zwiespältigkeit erahnt man, weil Theißen Chef der WindPro ist. Er hat einen früheren Mitschüler, der zum Alkoholiker abgerutscht war,

Aber dann wirkt es doch schnell merkwürdig, dass Theißen diverse „Ausfälle“ seines ehemaligen Klassenkameraden geduldet haben soll. Und es wirkt noch fragwürdiger, was er mit seinem Windpark-Projekt plant – wenn das, was Jannis heraus gefunden hat, stimmt, versucht Theißen bewusst zu täuschen.

 

 

4. Die Geschichte

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Pia und Christoph kommen aus dem Urlaub zurück. Kaum gelandet, erhält sie einen Anruf: Ein Toter ist aufgefunden worden. Es ist der Wachmann der Windpro. War es Mord oder ein Unfall? Am Tatort trifft Pia auf ihren neuen Kollegen Cem, der sie sofort duzt. Und sie trifft auf den Firmenchef Theißen. Der macht zunächst einen guten Eindruck. Der Wachmann war früher ein Mitschler von Theißen, bekam Probleme, fing zu trinken an. Mit dem Job wollte Theißen ihm Halt geben, sagt er.

Im Laufe der Geschichte stellt sich raus: Die WindPro plant einen Windpark im Taunus. Eine Bürgerinitiative will das verhindern. Zu ihr gehöre Heinrich von Bodenstein (Vater von Pias Kollegen Oliver), Ludwig Hinterreiter (der selber ein entscheidendes Stück Land, das für den WindPark notwendig ist, besitzt), Jannis und Ricky sowie einige weitere.

Bei den Hinterreiters kommt es zum Konflikt: Ludwigs Kinder wollen, dass der Vater das Stück Land verkauft – immerhin soll es 3 Millionen bringen. Und Hinterreiter gerät mit Jannis aneinander, da beide sich in gewisser Weise im Kampf gegen die Windmühlen profilieren wollen. Jannis hat sich Unterlagen beschafft, die belegen, dass sich die WindPro mit falschen Zahlen die Genehmigung und Fördergelder für den Wind-Park erschleichen will.
 Und so haben Pia, Bodenstein, Cem und ihre Kollegen es plötzlich mit einer zweiten Leiche zu tun: Ludwig Hinterreiter wird erschossen. Und es gibt viele, die Grund zum Mord gehabt haben könnten.

Doch Bodenstein ist nicht bei der Sache: Er hat sich in Nika verliebt – und Bodensteins Vater hat von Hinterreiter ausgerechnet das Stück Land geerbt, das die WindPro für 3 Millionen kaufen will.

 

 

5. Themen

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\*\*\*a) Windenergie

Zufall oder Absicht? – Nele Neuhaus Roman ist grade JETZT besonders aktuell, jetzt, da die Menschen nach dem Erdbeben und der daraus entstandenen Atomkatastrophe von Fukushima über erneuerbare Energien besonders hitzig diskutieren. Grade wegen dieser Katastrophe scheinen Wind-, Wasser- und Solarkraft der gute Weg, um solchen Unglücken zu entgehen. Doch wie der Roman zeigt, werden auch diese erneuerbaren Energien von Naturschützern kritisiert. Ich habe selber schon mit Bürgern zu tun gehabt, die gegen Windräder vor ihrem Haus gewettert haben.

Neuhaus zeigt also hochaktuell, wie so etwas abläuft. Und sie zeigt auch, dass es da nicht klar „die Guten“ gibt, die die erneuerbaren Energien fördern und die „Schlchten“, die dagegen angehen. Einen Reiz der Geschichte macht aus, dass die Motive der handelnden Figuren verschachtelter sind. Bei der Wind Pro ist die Verschachtelung zwar etwas klischeehaft: Dem Unternehmen liegt (ausschließlich) am Profit. Es entsteht der Verdacht, dass einiges manipuliert wurde, damit die WindPro den Auftrag für einen neuen Windpark im Taunus erhält und damit Millionen verdienen kann.

Andererseits scheinen auch bei den Umweltschützern die Interessen nicht ganz klar und moralisch: Jannis will sich an seinem früheren Arbeitgeber, der WindPro, mit dem Kampf gegen den Windpar rächen. Bei Hinterreiter geht es auch um seine Eitelkeit: Er scheint insgesamt streitlustig, und er scheint immer eine Führungsrolle übernehmen zu wollen. Und dann gibt es Leute wie Frauke, die zwar grundsätzlich mit den Windparkgegnern wie Ricky befreundet ist, aber die der Versuchung des Geldes der WindPro (die ja 3 Millionen für das Land ihres Vaters, auf dem der Windpark mit gebaut werden soll, bezahlen will) erliegt.

 

\*\*\*b) Freundschaft

Genauso zwiespältig wie das Thema Windenergie ist das Thema „Freundschaft“ in dieser Geschichte. Man hat den Eindruck, dass es keine echten Freundschaften gibt. So hat Theißen seinen alten Schulfreund zwar – trotz dessen Alkholsucht – als Wachmann eingestellt. Doch das scheint nicht uneigennützig.

Die Freundschaft der Windkraftgegner ist ebenfalls von den widerstrebenden Motiven geprägt: Jannis will sich in den Vordergrund spielen, um sich an der WindPro zu rächen, Hinterreiter möchte aus Profilierungssucht die Führung übernehmen.

 

\*\*\*c) Beziehungen           

Direkt an die Freundschaften schließen sich die Beziehungen an, für die ähnliches gilt: Auch hier wird nicht ganz mit offenen Karten gespielt. Jannis liebt Ricky nicht mehr, bleibt aber mit ihr zusammen, gräbt aber gleichzeitig ihre Freundin Nika an. Nika liebte ihren früheren Chef (der sich für eine andere entschieden hat) und lässt sich mit Jannis ein, weil der ihre frühere Identität kennt (und sie indirekt damit erpresst). Ricky ahnt, dass Mark, der erst 16 ist, in sie verliebt ist – und auch sie spielt damit.

Einerseits kann man diese verworrenen Konstellationen als lebensnah bezeichnen. Denn es läuft im normalen Leben nun einmal nicht wie im Groschenroman nach dem Motto „Bis das der Tod Euch  scheidet.“ Andererseits zeigt sich (auch) hier ein Grundproblem: Es gibt viele Fäden, die Nele Neuhaus spinnt, die zwar im großen des Gesamtromans etwas besser nachzuvollziehen sind, als in diesem kurzen Bericht, die aber doch sehr komplex wirken und damit schon auch eine Herausforderung für die Leser sind.

 

 

6. Erzählweise

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Damit kommen wir auch schon zum nächsten Punkt, zur Erzählweise. Hiermit habe ich persönlich ein kleines Problem: Nele Neuhaus wechselt nämlich sehr häufig (alle zwei bis vier Seiten) die Perspektive. Es gibt (wie sich in der Übersicht der Figuren schon gezeigt hat) eine Vielzahl von Charakteren, die man als Leser in der Geschichte begleitet. Grundsätzlich schafft Neuhaus es zwar, diesen Figuren Konturen zu verleihen. Doch mir sind es zu viele Charaktere, ich hätte gerne einige wenigere intensiver kennen gelernt.

 

 

7. Zielgruppe

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Grundsätzlich ist „Wer Wind sät“ natürlich etwas für Freunde des Krimis, vor allem des deutschen Krimis. Da die Art der Figuren vielfältig ist, würde ich hier keine Einschränkung nach Alter oder Geschlecht der Leser machen. Sicher können Frauen wie Männer, jüngere und ältere Leser gleichermaßen Freude an der Geschichte finden.

Als Leser muss man aber auch ein paar andere „Voraussetzungen“ erfüllen: Man muss verschachtelt erzählte Geschichte mögen und auch Geschichten, die sich nicht nur ganz klar an dem Mordfall orientieren, sondern auch auf die Figuren und ihre Hintergründe eingehen.

 

 

8. Daten zum Buch

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Nele Neuhaus – Wer Wind sät (Kirchhoff-Bodenstein-Reihe), 560 Seiten

Ullstein Taschenbuch (13. Mai 2011), Preis: 14,99 Euro

ISBN-10: 3548283519

ISBN-13: 978-3548283517

Die Ausgabe selber ist für mich (leider) Anlass zur Kritik: es ist wieder einmal der von mir ungeliebte Zwitter aus Taschenbuch und gebundener Ausgabe, der die Nachteile beider Versionen vereint: Das Buch ist groß, schwer, unhandlich (was eigentlich die Nachteile einer gebundenen Ausgabe wären), aber gleichzeitig mit einem dünnen (haptisch „billigeren“, unschöneren, knickanfälligerem) Cover (Minuspunkt beim Taschenbuch) versehen. Ich finde das wenig gelungen, hätte lieber einen echten Hardcover-Band oder ein handlicheres Taschenbuch gehabt!

 

 

9. Pro & Contra

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Pro:

- in Teilen spannend

- aktuelles Thema

- gute Figuren

 

Contra

- zu viele Perspektivwechsel

- Längen

- Ausgabe

 

 

10. Fazit

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„Wer Wind sät“ lässt mich etwas gespalten zurück. Einerseits hat der Roman gute Figuren. Ich mag die Hauptcharaktere wie Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein, grade von Pia hätte ich sogar noch gerne mehr erfahren und gelesen. Auch die anderen Charaktere sind größtenteil (bis auf Ludwig Hinterreiter) grundsätzlich ganz interessant. Doch Nele Neuhaus macht aus meiner Sicht den Fehler, dass sie eine zu große Zahl an Figuren aufbietet und im Blick hat. Dadurch springt sie zu stark zwischen den Charakteren und verpasst es, mehr in die Tiefe zu gehen.

Das bringt auch das nächste Gegensatzpaar mit sich: Teilweise ist die Geschichte spannend und „süffig“ zu lesen, teilweise hat es mich dann auch nicht mehr gepackt und ich habe es zur Seite gelegt.

Da half auch das aktuelle Thema nicht, das zeitlich passender nicht hätte gesetzt sein können: Es war wahrscheinlich für Neuhaus ein Glücksfall, dass dieser Krimi vorm Hintergrund des Kampfs gegen Windräder spielt. Sie zeichnet den komplexen Konflikt um „saubere Energien“ und ihre Nachteile ganz gut, doch auch hier hätte sie noch mehr in die Tiefe gehen können, wenn ihr Personaltableau nicht so groß gewesen wäre ...

Und dann hätte ich noch einen Kritikpunkt: Die Ausgabe. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Verlage immer mehr zu diesem Zwitter aus Taschenbuch und gebundener Ausgabe gehen, der die Nachteile beider Varianten vereint. Der einzige Punkt, der aus Sicht der Verlage dafür spricht, ist, dass diese Version wenigstens teurer als ein reines Taschenbuch ist. Für die Leser ist es aber unhandlich und schwer und dennoch nicht so schön anzufassen und anzusehen wie eine Hardcover-Ausgabe.

Alles in allem bin ich in meiner Wertung etwas unschlüssig. An sich ist mir die Geschichte nur gute drei Sterne wert, mit Tendenz nach oben. Daher runde ich auf sehr, sehr knappe vier Sterne auf und vergebe eine eingeschränkte Empfehlung.