Eisige Fiktion trifft auf Klimawandel-Realität

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stmoonlight Avatar

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Liebe Lesende,

heute möchte ich mit euch meine Eindrücke zu einem polarisierenden Thriller teilen: "White Zero – Die Kälte ist dein Tod". Ein Titel, der Gänsehaut verspricht und eine beklemmende Aktualität angesichts von Klimawandel-Debatten birgt. In einer Zeit, in der das Wetter Kapriolen schlägt, soll dieser Thriller einen Hauch von Eiszeit über die heutige Welt bringen. Doch wie gut vermischt sich die eisige Fiktion mit der brisanten Realität?

Der Plot entführt uns in ein Europa, das von einer unerbittlichen Kälte heimgesucht wird. Wir folgen der Geophysikerin Dr. Jana Hollmer, ihrem Partner Clemens Bach und dem niederländischen Reeder Titus van Dijk, die sich auf eine waghalsige Rettungsmission begeben. Doch trotz der vielversprechenden Ausgangslage stolpert die Geschichte über ihre eigene Komplexität. Statt eines roten Fadens webt der Autor ein patchworkartiges Narrativ, das keine klaren Konturen annimmt.
Das Buch führt uns unablässig durch unterschiedliche Landschaften und zu neuen Figuren, die in der Flut des Geschehens nicht selten unterzugehen drohen. Eine Vielzahl von Perspektiven beansprucht unsere Aufmerksamkeit. Doch womöglich findet gerade darin die Autorintention ihren Ausdruck: Ein globales Phänomen verlangt nach einem globalen Ensemble.

Die Erschaffung des interdisziplinären Krisenstabes zeigt das Bemühen, Wissenschaft und Politik auf das Engste zu verflechten. Doch offenbaren die Sitzungen dieser Runde eher die Paralyse der Macht als ihre Handlungsfähigkeit. Das Nervenspiel um Informationen und Zukunftsentscheidungen gerät zur quälenden Geduldsprobe.

Dennoch, die Momente, in denen sich scheinbar randständige Lebensgeschichten ins Zentrum drängen und lichtbringend erscheinen, offenbaren das Geschick des Autors. Sie überraschen mit Tiefgang und einer Verknüpfung, die uns als Leser dazu anregt, auch unserem alltäglichen Miteinander mehr Bedeutung beizumessen.
Was jedoch vermisst wird, ist die durchgehende Hochspannung, der rasante Puls, der Thriller auszeichnet. Zeugnisse journalistischer Handfertigkeit – Artikel, Nachrichten und Interviews – strecken die Erzähltextur und säen Pausen, wo der Leser doch den nächsten Adrenalinstoß erwartet.

Die Finalität des Buches spielt sich abrupt ab, fast versteckt in den letzten Seiten. Es bleibt der bittere Nachgeschmack einer Erzählung, die ihre kulminierende Entladung bis zum Schluss aufspart, um sie dann flüchtig in den Raum zu stellen.
Die Verwebung des Themas Klimawandel in einem Thriller-Kontext birgt Herausforderungen, die der Autor mit eisernem Zeigefinger zu bewältigen sucht. Die Fiktion tritt auf der Stelle, um ein reales und ernstes Thema zu verhandeln – eine Gratwanderung, die nicht jedem Leser gemach scheinen mag.

Mein Fazit: "White Zero" ist ein Werk, das die Grenzen des Thriller-Genres auslotet und sich mit der drängenden Frage des Klimawandels befasst. Doch ebenso wie sein Gegenstand, die Eiszeit, lässt es den Leser kalt – auf der Suche nach einem durchdringenden Plot und der unmittelbaren Nähe zu seinen Charakteren. Ein Buch, das wohl eher als Denkanstoß dient denn als Flucht in fesselnde Seiten. Für jene unter euch, die einen konventionellen Thriller suchen, mögen andere Titel einen wärmeren Hafen bieten. Ich gebe diesem ambitionierten, jedoch oft zaghaften Eiszeit-Thriller 2 von 5 Sternen.