Bitter-ironisch und dann doch ganz leicht

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lesemiezi Avatar

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Nach der Lektüre von Alexander Osangs umfangreichem Roman "Die Leben der Elena Silber" wollte ich gern noch ein wenig im Thema bleiben - Menschen und ihre Biografien unter dem Einfluss von gravierenden politischen Systemwechseln - , gleichzeitig aber zur Abwechslung etwas Leichteres lesen. Da hat dieses Buch hier einfach perfekt gepasst:

Isabella, etwa Jahrgang 1970, der DDR-Künstler-Bohème entstammend und selbst nur drittklassige Schauspielerin, hat aus Geldnot einem halbseidenen Filmprojekt über die DDR zugestimmt und besucht dafür nun mit Regisseur und Kameramann verschiedene Menschen und Orte ihrer Kindheit und Jugend. Diese jedoch besitzen die Dreistigkeit, sich den DDR-Klischees des Regisseurs weitgehend zu versperren. Die Vorstellungen und Pläne dieses Regisseurs aus dem Westen, der natürlich genau weiß, wie es in der DDR zuging, werden also kräftig gegen den Strich gebürstet, und nicht jeder am Set ist in der Lage, im Laufe des Geschehens umzudenken oder einfach nur dazuzulernen.

Das Buch weckte bei mir viele Erinnerungen an die DDR-Vergangenheit, auch wenn (oder gerade weil) es gleichzeitig eine deutliche Absage an ostalgische Verklärung darstellt. Vor allem aber bringt die Autorin den bis heute oft ignoranten und arroganten Umgang vieler Westdeutscher mit Ostdeutschen und ihren Biografien mal schmunzelnd, mal bitter-ironisch auf den Punkt. Auch ich selbst musste mir nach der Wende von so manchem ahnungslosen Erklärbär anhören, wie mein ehemaliges Land funktioniert hat, und konnte dabei oft nur staunen. Die Frage, wie man mit der Aufarbeitung von Vergangenheit umgehen kann, soll oder nicht soll, wer die Deutungshoheit hat (natürlich die "Siegermacht") und wer im Geschehen Prota, ZeugIn oder Opfer ist, hat erstaunlicherweise auch dreißig Jahre nach dem Mauerfall nur wenig von seiner Aktualität verloren.

Dass die Autorin mit dieser Thematik dennoch locker und humorvoll umgeht, hat das Buch zu einer sehr erfreulichen Lektüre gemacht.