Eine modernisierte Annäherung an Jane-Austen

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Erst kürzlich habe ich mal wieder „Emma“ gesehen, da schien „Wie man sich einen Lord angelt“ gut dazu zu passen. Schließlich nimmt sich das ein bisschen aus wie eine moderne Version Austens.

Die Geschichte handelt von Kitty: jung, hübsch, keck, älteste von 5 Töchtern der Talbots, die nach dem Tod ihrer Eltern die Geschicke der verarmten Familie lenkt. Da trifft es sich nicht eben gut, dass ihr Verlobter die Verlobung auflöst. Doch Kitty lässt sich nicht unterkriegen und da die Möglichkeiten für Frauen der Regency-Zeit beschränkt sind, begibt sie sich ins Getümmel des Heiratsmarktes nach London, also auf Bälle. Einem Märchen nicht unähnlich findet sie schnell ein geeignetes „Opfer“, doch dessen älterer Bruder setzt alle Hebel in Bewegung, um eine Hochzeit mit Kitty zu verhindern …

Dass die Geschichte vorhersehbar ist, wird man ihr genregemäß kaum vorwerfen dürfen. Meine Erwartung war ein an Jane Austen angelehnter Roman, dass ich „Bridgerton“ nicht kenne, könnte Vor- oder Nachteil sein, vielleicht eher ein Vorteil, da ich so keine bestimmteren Erwartungen hatte, die die Geschichte ggf. nicht gehalten hätte. Die Autorin gibt ihren Lesern wenig Zeit, sich in der Geschichte einzufinden, denn sie wirft sie gleich in die Situation, in der Kittys Welt durch die Aufkündigung ihrer Verlobung aus den Fugen gerät. Schon hier fällt auf, dass die Sprache ganz gut gemacht ist: nicht zu gewollt altertümelnd, aber auch nicht modern … das passt gut, einen in die Zeit zu versetzen, aber einen moderneren Touch zu haben als Jane Austen. Damit wären wir auch schon beim vermutlich großen Vorbild, denn vieles an der Geschichte erinnert an „Stolz und Vorurteil“, angefangen bei den Figuren und ihren Charakterzügen (allen voran natürlich Kitty und Elizabeth bzw. Lord Radcliffe und Mr. Darcy) über die grundsätzliche Handlungsanlage mit ihren Störfeuern (man ist sich spinnefeind, obwohl oder gerade weil man sich so anziehend findet) bis zum Schreibstil. Der ist wie gesagt zwar nicht altertümelnd, dem Austens aber dennoch nicht unähnlich, denn auch deren Stil hatte deutliche Längen und wirkte auf mich manchmal „unbeteiligt“ (was zu der Zeit sicher normal war). Zugegeben, das Muster ist bekannt: Man nehme eine nicht zuletzt durch Not geboren forsche Heldin, die sich für ihre Familie aufopfert, einen etwas bärbeißigen Mann dazu, werfe die beiden in die aus heutiger Sicht komisch anmutenden Konventionen des frühen 19. Jh. und lasse den Dingen ihren Lauf – und heraus kommt eine durchaus amüsante Liebesgeschichte mit Längen, deren (Serien-)Verfilmung sicher nicht lange auf sich warten lässt. Als Lektüre für zwischendurch nett, die amüsanten Wortgefechte zwischen Kitty und Radcliffe kämen bei einem Hörbuch oder einer Verfilmung sicher besser zur Geltung, daher werden die 3,5 Sterne für das Buch gerade noch aufgerundet, beim Hörbuch (bei geeignetem Sprecher) oder einer Verfilmung wäre das leichter gefallen.