Wie man sich einen Lord angelt - oder wie man einen Lord um den Finger wickelt?

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
sophieslesewelt Avatar

Von

Kitty Talbot, die charmanteste Debütantin der Ballsaison von 1818
Auf dem Buchumschlag steht „Jane Austen trifft auf Bridgerton im aufregendsten Debüt des Jahres“ und nachdem ich die Leseprobe gelesen hatte und dann auch das Buch – hatte ich das Gefühl, dass das Buch diesen Stempel nicht verdient. Ich kann verstehen, dass durch Bridgerton Regency-Romane gerade sehr gefeiert werden und sehr gefragt sind, aber die Geschichte von Kitty Talbot verdient mehr als nur das Bridgerton-Label – vor allem weil das Buch meiner Meinung nach noch mehr Nähe zu Jane Austen hat als Bridgerton.
Ich muss aber dennoch diesen wunderschönen Buchumschlag loben. Ich mag Leute auf dem Cover eigentlich nicht besonders, aber die Innengestaltung ist so unglaublich schön und ich mag es auch, wie die Farbgestaltung gewählt worden ist.
Die spitzzüngige und verantwortungsbewusste Kitty Talbot hat nach dem Tod ihrer Eltern die Aufgabe die Schulden des Vaters und das Dach über dem Kopf der Familie zu garantieren. Ihr Plan löst sich jedoch in Luft auf als ihr Verlobter aus heiterem Himmel Schluss macht und sie nicht weiß, wie sie die Schulden bezahlen soll. Der einzige Ausweg, der ihr bleibt: einen reichen Mann in London suchen und irgendwie die finanzielle Sicherheit ihrer Familie garantieren. Und damit beginnt das Chaos und ich muss sagen, dass ich gerade diese Suche mit all ihren Höhen und Tiefen toll fand. Kitty ist spitzzüngig, plant voraus, liebt ihre Geschwister mehr als ihr eigenes Glück und vor allem – was ich vermutlich am meisten an ihr mochte – sie ist sich ihrer Fehler bewusst. Sie kennt ihre Fehler und steht zu ihnen. Sie weiß, dass sie einen Mann nur um seines Geldes Willen heiraten möchte, aber sie steht dazu, verdeutlicht das auch ihren Geschwistern gegenüber immer wieder. Sie stellt das Glück der Familie über ihr eigenes und bleibt dieser Regel bis zum Ende treu und würde auch alles für diese tun, auch wenn diese Schwestern das nicht immer verstehen wollen und ich muss zugeben, dass Cecily mich hierbei in leichten Zügen an eine ganz bestimmte Schwester aus einem Jane Austen Roman erinnert, nur das Cecily immerhin etwas mehr Grips vorzuweisen hat. Man begleitet Kitty auf dem Abenteuer London, das sie, nicht ganz ohne kleinere Formen der Manipulation und Schauspielkunst, bewältigt und beobachtet ihre Begegnung mit den de Lacys und ich muss zugeben, dass ich den Slow Burn Faktor wirklich liebe. Ich mag es, wie sie Radcliffe um den Finger wickelt und ich mag es auch, dass er als Figur ein wenig steif, aber doch ehrenhaft wirkt. Gerade seine Aktion am Ende fand ich im Bezug auf Cecily toll und ich mochte ihn sehr. Auch wenn ich mir noch etwas Tiefe bei den Charakteren gewünscht hätte, mochte ich diesen Slow Burn. Ich mag es, wenn sich die Spannung langsam aufbaut und immer weiter aufkocht und es dann am Ende zu einem Feuerwerk der Gefühle kommt, sich steigernd von Tanz zu Tanz, von Berührung zu Berührung und das ist Sophie Irwin auch wirklich gut gelungen, wenn es auch an manchen Stellen ZU slow war und dann am Ende zu schnell wurde. Und das fand ich so unglaublich schade, weil dadurch nicht nur die Handlung rund um Kitty und ihre Liebesgeschichte abgekürzt wurde, sondern auch die zwei Nebenstränge der Handlung und vielleicht liegt es auch daran, dass noch weitere Teile folgen werden, aber das fand ich doch sehr schade, weil mir das Ende gut gefallen hat, aber es mir dann doch zu schnell ging. Einige Dinge haben sich zu schnell gelöst und ich bin gespannt, ob diese in Teil 2 noch aufgegriffen werden. Das Werk ist unterhaltsam, ich mochte das Geplänkel zwischen den beiden, an manchen Stellen zwar etwas zu langatmig, man hätte hier gut an der Tiefe der Figuren arbeiten können, aber es hat mich toll unterhalten und ich mochte das Setting und den Schreibstil von Sophie Irwin. Trotz alledem war es ein Wohlfühlroman und ich habe mit Kitty mitgefiebert. Eine ambitionierte, junge Frau, die weiß was sie will und sich dabei selten von jemandem zurückhalten lässt. Ich glaube, dass jeder hierbei die Geschwindigkeit etwas anders wahrnimmt. Auch wenn es mir etwas zu langsam war, könnte das gerade anderen mehr zusagen. Ich glaube, dass die Nebenstränge und weitere Punkte dem geschuldet sind, dass es sich um den Reihenauftakt handelt. Es ist ein gelungenes Debüt und eine klar Empfehlung für alle Fans von Regency Romanen.