Perfekte Welt, doch die Vergangenheit brodelt

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mittelhessin Avatar

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Birgit und ihre kleine Familie führen ein bürgerliches und im Großen und Ganzen geordnetes Leben am Starnberger See. Nur ansatzweise erfährt man, dass es vor rund 20 Jahren zu einem Zerwürfnis gekommen sein muss, als Birgit von einer Reise nach Ibiza ohne ihre Schwester Kira zurückkehrte. Die unregelmässig eintreffenden Postkarten hütet Birgits Mutter wie einen Schatz, man spürt, dass Birgit eine gewisse Eifersucht hegt. Aber das unbeschwerte Leben, das Kira mit ihren Postkarten vorgaukelt, scheint nicht (mehr) zu existieren. Zu Beginn erlebt der Leser zwei Erzählstränge von zwei Schwestern, die nicht unterschiedlicher sein können, aber man ahnt sehr rasch, dass sich die Pfade in Kürze kreuzen werden und dass dies nicht ohne Spannungen passieren wird. Als Kira nach Deutschland zurückkehrt, bleibt zunächst vieles unausgesprochen, es kommt zu Konflikten. Erst im Verlauf des Romans kommt stückchenweise die ganze Wahrheit ans Licht, die die Protagonisten eigentlich gut verwahrt geglaubt hatten. Es zeigt sich, dass sowohl Birgit, Kira, Birgits Ehemann Tom, aber auch Birgits Eltern jeweils aus teilweise mehr oder weniger egoistischen Gründen an den Geschehnissen vor 20 Jahren ihren Anteil haben.

Das Zitat "Jeder Mensch ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt" kennzeichnet das Buch sehr gut. Unklar bleibt allerdings, wie das Buchcover (Früchte auf weißem Hintergrund) dazu passt. Mit flüssigen Worten gelingt es der Autorin, die Charaktere treffend zu zeichnen, Gefühle zu beschreiben und Situationen sehr lebendig darzustellen. Allerdings ist der Roman an manchen Stellen etwas mit Klischees und zu vielen Themen rund um Birgit überladen, z. B. Pubertät ihrer Tochter, Demenzerkrankung ihrer Mutter, Birgit entdeckt einen Knoten in ihrer Brust, ihre als sicher geglaubte Beziehung zu ihrem Ehemann bekommt Risse, ein Streit mit ihrer besten Freundin, unausgelebte Träume brechen auf, ihr Hang zur Perfektion und das Gefühl, dass ihre Schwester ihren Eltern immer näher gestanden hat. Man ist geneigt zu bezweifeln, dass all dies nicht zwangsläufig mit der Rückkehr der Schwester zeitgleich passieren kann.

Der Roman "Wie Sonne und Mond" zieht den Leser schnell in seinen Bann, indem die sich anbahnenden Konflikte zwischen den beiden Schwestern und auch anderen Beteiligten sehr anschaulich und flüssig beschrieben werden. Die Handlung ist schlüssig aber an manchen Stellen etwas überladen. Insgesamt eine amüsante Lektüre, die durchaus zum Nachdenken anregt.