Mehr Le Carré als Fleming

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Eine alte Filmregel lautet: „Beginne einen Film mit einer Explosion und steigere dich dann.“ Und genau das hat Andreas Pflüger in seinem neuen Thriller „Wie Sterben geht“ beherzigt. Denn das Buch beginnt mit einem wahren Knalleffekt.

Andreas Pflüger ist im Bereich Krimi und Thriller in Deutschland kein Unbekannter, konnte er doch mit Büchern wie „Operation Rubikon“ oder seiner Trilogie um die blinde Polizistin Jenny Aaron die Bestsellerlisten stürmen und schrieb mit den Drehbüchern der Weimarer Tatorte einige der unterhaltsamsten Folgen der langlebigen Krimiserie. Und nun führt er uns mitten in die Zeit des kalten Krieges.

Im Winter 1983 soll es auf der Glienicker Brücke zum spektakulärsten Agentenaustausch der Geschichte kommen. Der hochrangige KGB-Offizier Rem Kukura, der unter dem Decknamen „Pilger“ lange für den BND spioniert hat, soll gegen den Sohn eines Politbüromitglieds ausgetauscht werden, der in den USA eine junge Frau bestialisch ermordet hat. Die junge Agentin Nina Winter, die Rem in Moskau geführt hat, kann ihn als Einzige identifizieren. Doch ein brutaler Anschlag lässt den Austausch scheitern und die Welt steht am Rande eines neuen heißen Krieges zwischen der Sowjetunion und dem Westen…

Pflüger versetzt seine Leserinnen und Leser direkt zurück in die frühen 80er Jahre. Dabei erschafft er eine Atmosphäre, an die man sich, wenn man damals in Westdeutschland lebte, sicher noch gut erinnert. Und auch seine Schilderung Moskaus, wo ein großer Teil der Geschichte spielt, wirkt so lebensnah, als stünde man als Leser selbst an den Ufern der Moskwa. Man lebt, liebt und leidet mit seiner Protagonistin Nina, die sich im Laufe der Handlung von einer jungen Datenanalystin sehr schnell zu einer Spitzenkraft des BND entwickelt, mit, hasst ihren Gegenspieler „Motte“ und bangt um Rem. Er hat Protagonisten erschaffen, die niemanden kalt lassen. Deren fiktive Geschichte verknüpft er gekonnt mit den historischen Ereignissen der damaligen Zeit, so dass das Ergebnis absolut stimmig ist. Pflüger erzählt dabei keine James-Bond-Geschichte, sondern vermittelt ein glaubwürdiges Bild der Agententätigkeit im kalten Krieg. Dabei kommt es zwar zur einen oder anderen Gewalttat, aber Gewalt ist hier nie Selbstzweck, sondern immer nur ein Werkzeug aus dem Werkzeugkasten der Spionagetätigkeit. Dadurch ist „Wie Sterben geht“ deutlich näher an Klassikern wie den Büchern von John Le Carré angesiedelt als an Ian Fleming. Wer also einen spannenden, aber auch realistischen Agententhriller aus der Zeit des kalten Krieges mit starken Charakteren sucht, kann hier unbesorgt zugreifen.