Zwischen Gipfeln und Grenzen – Eine Reise durch die wilden Berge des Balkan

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ceodaz Avatar

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Wilde Berge des Balkan war mein erstes Buch aus dem Genre Wandertagebuch. Entsprechend unvoreingenommen und neugierig bin ich an die Lektüre herangegangen. Was ich entdeckt habe, war eine wunderbar gelungene Mischung aus persönlichem Reisebericht und sachlichem Wanderführer.

Die drei Autorinnen nehmen uns mit auf ihre mehrwöchige Fernwanderung entlang des High Scardus Trails und schaffen es durch ihren angenehmen und zugänglichen Schreibstil, Nähe aufzubauen. Besonders gut gelingt ihnen die Balance zwischen persönlichen Eindrücken, Emotionen und Reflexionen. Die unterschiedlichen Erfahrungslevel und Sichtweisen der drei Frauen machen das Gelesene greifbar und authentisch. Man fiebert mit - vor allem in den Momenten, in denen etwas schief läuft, sei es durch schlechtes Wetter, persönliche Herausforderungen oder Zweifel an der eigenen Belastbarkeit. Spannend bleibt immer die Frage, ob es die drei tatsächlich bis zum Ende schaffen.

Neben den persönlichen Erlebnissen punktet das Buch mit einer Fülle von Hintergrundinformationen. Die LeserInnen erfahren viel über Geschichte, Politik, den wachsenden Tourismus und den Naturschutz in den genannten Balkanregionen. Diese Informationen verleihen der Reise eine wertvolle Tiefe. Allerdings hätte ich mir bei den ganzen spannenden Fakten vereinzelte Quellenangaben oder Literaturhinweise gewünscht, um die Sachlichkeit des Buches noch mehr zu untermauern.

Ein besonderes Highlight war für mich das Kapitel „Alles, was du für deinen Trip in die Wildnis wissen musst“. Hier wird sehr eindrucksvoll gezeigt, wie viel Vorbereitung, Organisation und körperliches Training hinter so einer Unternehmung steckt. Gerade für Wanderneulinge ist dieser Abschnitt äußerst wertvoll, denn er räumt mit der Vorstellung auf, eine solche Tour sei ein spontaner Ausflug. Stattdessen wird hier deutlich, wie wichtig Erfahrung, physische als auch psychische Belastbarkeit und der Respekt vor der Natur sind. Dass die Autorinnen hier nicht romantisieren, sondern realistisch über Gefahren und Grenzen sprechen, empfand ich als sehr authentisch und verantwortungsbewusst.

Ein kleiner Kritikpunkt ist die Platzierung der Fotos. Am Ende des Buches finden sich eindrucksvolle Fotos zu den einzelnen Etappen. Diese hätten jedoch ihre volle Wirkung entfalten können, wenn sie direkt in die entsprechenden Kapitel eingefügt worden wären. In Kombination mit dem jeweiligen Text hätten sie z.B. die Stimmungen, Emotionen und Landschaften noch stärker unterstreichen können. So gehen die starken Bilder auf den letzten Seiten etwas unter.

Umso mehr haben mich jedoch die integrierten Interviews mit den Menschen begeistert, denen die Autorinnen auf ihrem Weg begegnet sind. Diese Stimmen aus der Region geben dem Buch eine zusätzliche Perspektive. Sie machen spürbar, wie die Menschen vor Ort mit dem Tourismus, der politischen Situation und den Veränderungen in ihrer Heimat umgehen. Damit gelingt es dem Buch nicht nur eine Reise von außen zu beschreiben, sondern auch einen tiefen und berührenden Einblick in den sozialen und kulturellen Kontext zu geben.

Insgesamt ist Wilde Berge des Balkan ein spannender und informativer Reisebericht, der auch zum Nachdenken anregt. Es geht nicht nur um das Unterwegssein in der Natur, sondern auch um persönliche Grenzen, Teamgeist, Verantwortung und den respektvollen Umgang mit sich selbst und der Welt.
Auch wenn der sachliche Anspruch aufgrund fehlender Quellen nicht ganz erfüllt wird, bleibt es ein sehr empfehlenswertes Buch – nicht nur für Wanderbegeisterte, sondern für alle, die davon träumen, ihre Komfortzone zu verlassen und neue Wege zu gehen.