Solide, aber nicht ganz mein Fall

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Tja, dieses Buch ist irgendwie speziell, nicht speziell gut, aber auch nicht speziell schlecht, es hat mir jetzt nicht speziell gefallen und als speziell anders würde ich es nun auch nicht bezeichnen. Aber als speziell eben und zwar in einer eher undifferenzierten, diffusen Weise.

Wildeule stellt den dritten Teil einer Krimireihe um die Friedhofsgärtnerin Gesine Cordes dar. Hier gerät sie unverhofft in die Ermittlungen eines Mordfalls, als sie während einem Begräbnis bemerkt, dass der Sargdeckel nicht richtig verschlossen ist und entdeckt, dass anstatt der toten Madeleine Jablin der bekannte Bestattungsunternehmer Carsten Schellhorn im Sarg liegt. Alles deutet auf ein Tötungsdelikt hin und als wäre dies nicht schon schlimm genug, gerät auch noch ihr enger Freund Hannes van Deest unter Verdacht. Dies alles bringt Gesine in einen schrecklichen Zwiespalt, den einerseits glaubt die nicht, dass Hannes zu einer solchen Tat fähig wäre, allerdings verhält er sich auch derart merkwürdig und verdächtig, dass nicht nur die Kommissarin Marina Olbert gegen ihn ermittelt, sondern auch Gesine nicht mehr weiss, was und wem sie glauben soll.

Dieses Buch ist wie gesagt der dritte Band einer Reihe und man muss zwar die ersten beiden Bände nicht gelesen haben, um die Handlung hier zu verstehen, empfehlen würde ich es aber dennoch. Ich hatte nämlich ab und zu ein bisschen Mühe, die Hintergründe zu Gesines Geschichte zu begreifen. Auch wenn alles nach und nach im Buch erklärt wird. Vieles wäre mir wahrscheinlich klarer und passender erschienen, wenn ich die Vorgeschichte bereits gekannt hätte.
Aber so hatte ich meine liebe Mühe mit den Protagonisten. Gesine war mir noch die sympathischste von allen. Aber auch sie verhält sich in diesem Buch sehr verwirrend und irrational. Einerseits sehr verständlich, wenn man bedenkt in welchem Gefühlszwiespalt sie sich befindet, andererseits auch unglaublich anstrengend zu lesen. Wie gesagt, vielleicht hätte ich sie ein klein wenig besser verstanden, wenn ich ihre Vorgeschichte gekannt hätte, aber so fand ich sie stellenweise einfach ein bisschen nervig.
Ähnlich erging es mir aber auch mit Hannes oder der Olbert, wirklich warm wurde ich nicht mit ihnen. Hannes reagiert oft sehr kopflos und unüberlegt und auch Marina Olbert kann sich nicht recht entscheiden, ob sie nun den Good Cop oder den Bad Cop gibt.

»Und dann kam etwas gewölbtes zum Vorschein. Eine Wange, dunkelfleckig und stumpf. Ein Wust grauer Haare stand daneben, und ein Unterarm, der unnatürlich hochgebogen war. Marina hielt die Luft an und leuchtete tiefer in die Folie hinein. An der Hand der Leiche fehlte ein Finger, die Wunde war schwarz und trocken.« (S. 311)

Leider fand ich auch die Handlung eher etwas mau, so wirklich Spannung wollte da bei mir nicht aufkommen. Erst auf den letzten 50 Seiten, als es zum grossen Showdown kommt, vermochte mich das Buch zu fesseln. Woran das lag? Ich hab da so eine Vermutung. Irgendwann nach den ersten 100 Seiten habe ich nämlich etwas den Überblick verloren. Das mag jetzt etwas verwunderlich klingen, da der eigentliche Kriminalfall doch recht einfach gestrickt ist. Allerdings hatte ich oft auch das Gefühl, dass einzelne Gedankengänge der Protagonisten nicht richtig erklärt oder dargestellt wurden, oft waren Gedankensprünge vorhanden, eigentlich logische Schlussfolgerungen, die mir aber völlig rätselhaft blieben, da ich nicht eruieren konnte, wie die Person jetzt darauf gekommen ist. Aber auch Ortssprünge kamen vor, wo die Protagonisten eben noch auf dem Polizeirevier waren und dann aber plötzlich unterwegs ins bergische Land. Oder auch Verdachtsmomente, die für mich als Leser nicht als solche erkennbar waren. So war ich natürlich vielmehr damit beschäftigt mir Zusammenhänge herzustellen, als dass ich mich wirklich auf die Handlung und die Spannung konzentrieren konnte.

Was ich allerdings wirklich mochte an diesem Buch, war der Schreibstil von Annette Wieners, der vieles gerettet hat. Sie schreibt sehr geradlinig und ohne Schnörkel, was ich bei Kriminalromanen immer sehr schätze. Dennoch vermag sie es, stimmungsvolle Bilder einer eisig kalten Winterlandschaft zu zeichnen und das Gefühlsleben der Protagonisten zu beleuchten. So erscheinen dann doch viele der oben erwähnten kopflosen Handlungen wieder verständlich.

Fazit

Wildeule, der dritte Teil der Krimireihe um Friedhosfgärtnerin Gesine Cordes überzeugt vor allem mit dem stimmungsvollen Schreibstil von Annette Wieners. StrandlektüreLeider vermochten mich weder die Protagonisten noch die Handlung vollends zu überzeugen und zu begeistern. Ich denke, dass dieses Buch vor allem für Fans der Reihe interessant ist und für diese auch eine gelungene Fortsetzung darstellt. Solide gemacht, ist es allemal.
Ich für meinen Teil werde mich aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht weiter mit der Reihe befassen, da sie mich halt nicht überzeugen konnte.