Amüsante, rasante Verwechslungssatire!

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anni1609 Avatar

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Inhalt:
Auf der kleinen, griechischen Insel Skios, hat sich vor bereits längerer Zeit die Fred-Toppler-Stiftung ein himmlisches Areal aufgebaut. Jedes Jahr wird zum Ende des Sommers eine Hausparty veranstaltet, die vor allem aufgrund des Vortrags einer großen Persönlichkeit am letzten Abend, an Bedeutung in ganz Europa und darüber hinaus gewonnen hat. Einflussreiche Menschen und solche, die glauben es zu sein, nehmen an diesem Event teil.
Für dieses Jahr hat die persönliche Assistentin von Mrs. Toppler, Nikki Hook, den Gastredner, Dr. Norman Wilfred, eigenhändig ausgewählt und zum Vortrag eingeladen.
Die Vorbereitungen für den Höhepunkt der Hausparty laufen auf Hochtouren.
Als Nikki Hook am Flughafen auf Dr. Norman Wilfred wartet, beginnt das Verwechslungschaos, aus dem der vorliegende Roman besteht. Oliver Fox gibt sich als Dr. Norman Wilfred aus, da ihm in diesem Moment keine andere Wahl bleibt. Im Gegenzug übernimmt Dr. Wilfred die Rolle von Oliver Fox, ohne das er dieses möchte.
In den nächsten Stunden spielen sich somit um die beiden vertauschten Personen die kuriosesten und skurillsten Situationen ab.
Beurteilung:
Michael Frayn hat seinen Roman „Willkommen auf Skios“ mit sehr viel Gesellschaftskritik gespickt. Diese lässt er auf satirische Art und Weise während der kompletten Handlung durchblicken.
Die Figuren im Roman sind entsprechend gewissenhaft von ihm ausgewählt und gezeichnet worden, wobei jede Person so ihre ganz eigenen Ziele verfolgt. Nikki Hook, die persönliche Assistentin von Mrs. Toppler, möchte unbedingt zur Direktorin der Fred-Toppler-Stiftung ernannt werden. Um an die Position zu kommen, arbeitet sie mit viel Fleiß und Akkribie. Mrs. Toppler möchte die Stiftung weltweit bekannt machen. Und zählt dabei vor allem auch auf die Mithilfe des Direktors und ihres Geliebten, Mr. Papadopoulou. Mr. Papadopoulou ist ein mächtiger Mann in Griechenland, hat vor allem viele Geschäftspartner aus Russland, und verfolgt seine ganz eigenen, nicht ganz legalen Ziele. Der aktuelle Direktor, Christian, hat sich vor allem der Meditation verschrieben und meidet die Öffentlichkeit. Seine Augen und Ohren zur Welt sind die seines Assistenten, Eric Felt. Sie Beide möchten natürlich vermeiden, dass Nikki Hook die neue Direktorin der Stiftung wird. Oliver Fox ist ein Überlebenskünstler, Hochstapler und Charmeur. Er schlüpft in die Rolle des Dr. Norman Wilfred. Dieser wiederum muss umgekehrt unfreiwillig die Rolle des Oliver Fox übernehmen und schließt dadurch Bekanntschaft zu Georgie und Annuka Vos, beides (Fast-)Geliebte vom leibhaftigen Oliver Fox.
Der Autor beschreibt jede einzelne Figur detailgenau und sehr bildhaft. Der Leser kann sich gut hineinversetzen in die Gefühlswelt und die Gedanken der Figuren. Das Mitfühlen bei den einzelnen Gefühlsausbrüchen und –regungen gelingt dem Leser sehr schnell.
Schauplatz der Handlung ist die griechische Insel Skios, zum einen das Gelände der Fred-Toppler-Stiftung, zum anderen ein Haus, etwas entfernt von der Zivilisation, aber wunderschön gelegen.
Der Roman verläuft in verschiedenen Handlungssträngen, die stets abwechselnd sind. Erst kurz vor Ende der Handlung finden die einzelnen Stränge zueinander und verknüpfen sich. Für den Leser steigt stets die Spannung, sobald der eine Schauplatz zugunsten des anderen verlassen wird. Zum Glück hat der Autor den Roman in kleinere Kapitel unterteilt, so dass die verschiedenen Handlungen für den Leser stets schnell weitergeführt werden.
Der Roman wird aus verschiedenen Erzählperspektiven in der 3. Person wieder gegeben. Diese Personen sind starkem Wechsel unterlegen.
Während des gesamten Romans bleibt sich der Autor des Verwechselspieles treu. Selbst die mitwirkenden Taxifahrer Spiros und Stavros, Zwillingsbrüder, werden ständig verwechselt und tragen zum immer größer werdenden Chaos bei.
Während der Handlung und vor allem zum Ende hin wird der Leser mit überraschenden Wendungen überhäuft. Im Laufe der Handlung denkt sich der Leser häufig: „Das gibt`s doch nicht. Das kann doch nicht wahr sein“, sobald sich die Handlung in eine unvorhergesehene Richtung bewegt.
Der Autor verwendet eine gehobene Ausdrucksweise und Sprache. Allerdings ist der Roman flüssig zu lesen. Zudem benutzt Frayn vor allem eine satirische, ironische, sarkastische Sprache. Er möchte dem Leser damit Gesellschaftskritik zum Ausdruck bringen. Er bemängelt, dass die Gesellschaft aufgrund eines angeblichen Doktortitels und eines unglaublichen Lebenslaufs das Hinterfragen der Person vergisst. Diese Person wird als solche angenommen, die Alle erwarten. Niemand kommt auf die Idee, dass es sich um einen Hochstapler handelt. Sie werden alle geblendet. Zudem kritisiert er das immer größer werdende Streben nach Macht und Reichtum, auch auf Kosten Anderer. Die Gesellschaft erhält kein gutes Urteil in diesem Roman, sondern wird eher als „Spaßgesellschaft“ dargestellt, die Unterhaltung, gutes Essen und zivilisiertes Beisammensein schätzt. Kritisches Hinterfragen und eigenständiges Denken zähle nicht zu dem Repertoire dieser Gesellschaft.
Bei dem Genre handelt es sich meiner Meinung nach um einen satirischen Roman.
Das Buch ist im Hardcover, mit Umschlag, erschienen. Das Cover ist wirklich wahnsinnig gut gewählt und dem Leser wird nach dem Lesen des Romans bewusst, weshalb es zu diesem Cover kam. Weitere Ausstattungsmerkmale sind nicht hervorzuheben.
Fazit:
Als ich dieses Buch zum vorab lesen zugeschickt bekam, war ich skeptisch. Die Leseprobe konnte mich nicht vollends überzeugen. Allerdings war die Handlung so wahnsinnig unvorhersehbar, amüsant und witzig, dass mich der Autor stark von seinen Qualitäten überzeugen konnte. Aus nur wenigen Personen, Handlungsplätzen und vor allem aus wenig Zeit für die Handlung hat der Autor einen anspruchsvollen Roman kreiert, der wirklich sehr viel Freude beim Lesen bereitet hat. Ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch zum vorab lesen bekam, da ich es mir nie gekauft hätte und somit wirklich gute Literatur verpasst hätte. Zudem regt das Buch wirklich stark zum Nachdenken an.
Absolut gelungen!