Nichts für schwache Nerven…

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marialein Avatar

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Auf der idyllischen griechischen Insel Skios soll wie jedes Jahr ein angesehener Redner den Fred-Toppler-Vortrag für die gleichnamige Stiftung halten. Auf den ersten Blick läuft auch alles bestens: Nikki, die persönliche Assistentin der Stiftungsgründerin, hat den anerkannten Dr. Norman Wilfred eingeladen, damit dieser einen Vortrag über Szientometrie hält, und wirbelt auf dem Gelände herum, um dem Ehrengast auch ja einen angenehmen Empfang zu bieten. Ihre Pläne werden allerdings durchkreuzt, als der notorische Hochstapler Oliver Fox am Flughafen auf sie zukommt und kurzerhand beschließt, sich für Dr. Wilfred auszugeben. Von diesem Moment an nimmt das Chaos seinen Lauf…

Mit welchem Einfallsreichtum und Sinn für Ironie der Autor diese vollkommen absurde Geschichte konstruiert hat, ist beeindruckend. Die Handlung baut auf den unwahrscheinlichsten Zufällen, Verwechslungen und Missverständnissen auf, und dennoch erscheint sie durch und durch plausibel. Letztendlich kann ich mir sogar vorstellen, dass sich Ähnliches tatsächlich irgendwo auf der Welt ereignen könnte, denn wenn der Roman eine Erkenntnis übermittelt, dann die, dass sich Menschen einfach alles vormachen können, wenn sie es nur wollen. Schließlich hätte Nikki den Betrug sofort wittern können, doch wenn sie einen gutaussehenden, witzigen UND berühmten Wissenschaftler erwartet, gibt es keinen Grund, die Sache zu komplizieren, oder?

Neben der interessanten Erkenntnis der menschlichen Fähigkeiten zum Selbstbetrug hat der Roman natürlich noch eine große Stärke, und zwar seinen Humor. Selten habe ich bei einem Buch so gelacht und mir an den Kopf gegriffen. Und jedes Mal, wenn ich dachte, der Höhepunkt ist erreicht und es könne nicht mehr verrückter werden, kam noch eine unerwartete Wendung hin zu und das Ganze wurde noch abgedrehter…

Der Roman kann ganz gut mit den Worten von Michael Arditti von der Daily Mail beschrieben werden: „Michael Frayn ist von allen komischen Schriftstellern unserer Zeit der philosophischste und zugleich der komischste von allen philosophischen Schriftstellern“. Genau das hat mir so gut gefallen: natürlich habe ich mich köstlich amüsiert, aber ich fand es auch spannend, mich zu fragen, wie es anders hätte kommen können, und ob die Geschichte ohne den Auftritt von Oliver Fox so viel „normaler“ verlaufen wäre. Und schließlich frage ich mich, wie weit die Geschichte von der Realität tatsächlich entfernt ist – würden wir merken, wenn sich ein Laie als genialer Wissenschaftler ausgibt? Oder sehen wir wie die Charaktere in diesem Roman nur das, was wir sehen wollen?

Auf jeden Fall ist der Roman sehr gelungen und all denen zu empfehlen, die leichte und gleichzeitig spannende Lektüre suchen und sich durch die peinlichen Begebenheiten nicht abschrecken lassen.