anders als Vorgänger
Gegen das Buch habe ich mich so lange gewehrt, da ich "22 Bahnen" echt schwierig fand. Jetzt wollte ich aber doch gerne wissen, wie es mit den beiden Schwestern weitergeht.
Zu Beginn der Geschichte sind einige Jahre nach dem Auszug der großen Schwester vergangen und Ida muss mit dem Tod der Mutter fertig werden. Sie kündigt die Wohnung und will eigentlich nach Hamburg fahren, wo Tilda und Viktor nun eine eigene Wohnung samt ihrer Zwillinge bewohnen. Spontan landet Ida aber auf Rügen und lernt das ältere Ehepaar Knut und Marianne kennen, die ihr einen Job, eine Unterkunft und elterliche Ersatz-Zuneigung zukommen lassen.
Und dann ist da auch noch ein gewisser Leif, der Idas Herz zum Schmelzen bringt...
Trotz einiger Ungereimtheiten (warum z.B. baut sich Tilda ein eigenes Leben auf, schafft eine Professur plus Kindererziehung, überlässt Ida aber als 11-jährige sich selbst bei der alkoholkranken und vernachlässigenden Mutter?) fand ich den Roman sehr gut. Ida ist wirklich ein Baby, aber man kann es dem Charakter abnehmen. Sie ist traumatisiert und musste vieles alleine durchstehen.
* Achung, Spoiler*
Die Mutter hat sich immer weiter nach unten gesoffen, mit ihrem Suizid gedroht und diesen letztendlich auch herbeigeführt. Ida hat die Mutter schließlich tot aufgefunden. Wie soll man solche Bilder aus dem Kopf bekommen, ohne daran zu zerbrechen? Es ist kein Wunder, dass sie in kindliche Muster flüchtet und selbstzerstörerische Tendenzen aufzeigt. In mir hat hat sie den Instinkt geweckt, sie bemuttern und beschützen zu wollen.
Die Trauer, das empfundene Schuldgefühl und die aus der Überforderung resultierende Wut hat Caroline Wahl wirklich gut umgesetzt. Der klare und kraftvolle Sprachstil wirkt authentisch und passt zu der Geschichte. Auch Rügen und Hamburg als Setting waren genau mein Ding, so dass ich "Windstärke 17" viel besser als "22 Bahnen" fand!
Ida trauert um die Mutter, aber auch um die versäumte Kindheit. Dennoch möchte sie es nicht anders haben und nimmt ihr Schicksal an. Trotz des Zorns, der seelischen Krise und der Probleme sich Menschen zu öffnen ist sie reflektiert und bei sich.
Etwas irritierend fand ich das ältere Ehepaar, das freigiebig Tisch und Bett teilt. Marianne scheint wie ein Pendant zu Idas leiblicher Mutter. Auch sie ist schwer krank und triggert Idas Verlustängste. Dann die Lebensrettungsszene, wo Ida bei Sturm in die Ostsee geht und Leif auf dem Surfbrett auftaucht und sie zusammen um ihr Keben kämpfen ...für mich wirkte das leider etwas zu konstruiert und wenig subtil.
Tilda mochte ich immernoch nicht. Vielleicht musste sie egoistisch sein, um sich aus der toxischen Familiengeschichte zu befreien und alle Kraft für ihre eigene Familie zu investieren. Deshalb hat Ida meine Sympathien und ich verzeihe dem Roman die Schwächen. Gut fand ich, dass die Romanfiguren, auch die Mutter, keine Stereotypen sind. Aber besonders Ida hat mich mit ihrer Verletzlichkeit, ihrem Kampfgeist und ihrem Bemühen, wieder Halt im Leben zu finden, überzeugt. Sie will keine externe Hilfe annehmen und wehrt sich gegen Tildas Bemühungen, sie in eine Klinik einzuweisen. Sie ist es gewohnt alleine zu kämpfen. Das kann einen nur traurig machen, macht sie aber als Charakter nahbar, obwohl sie sich alle Mühe gibt, unnahbar zu sein.
Witzig, dass Amazon den Roman als "Urlaubsroman" anbietet. Für mich hat das nichts mit einem leichten Sommerroman am Meer zu tun, denn selbst die Elemente und die Ostsee auf Rügen sind wild und kämpfen mit Ida zusammen.
So kann man irren! Für mich war das Buch ein wirkliches Highlight! 💙
Zu Beginn der Geschichte sind einige Jahre nach dem Auszug der großen Schwester vergangen und Ida muss mit dem Tod der Mutter fertig werden. Sie kündigt die Wohnung und will eigentlich nach Hamburg fahren, wo Tilda und Viktor nun eine eigene Wohnung samt ihrer Zwillinge bewohnen. Spontan landet Ida aber auf Rügen und lernt das ältere Ehepaar Knut und Marianne kennen, die ihr einen Job, eine Unterkunft und elterliche Ersatz-Zuneigung zukommen lassen.
Und dann ist da auch noch ein gewisser Leif, der Idas Herz zum Schmelzen bringt...
Trotz einiger Ungereimtheiten (warum z.B. baut sich Tilda ein eigenes Leben auf, schafft eine Professur plus Kindererziehung, überlässt Ida aber als 11-jährige sich selbst bei der alkoholkranken und vernachlässigenden Mutter?) fand ich den Roman sehr gut. Ida ist wirklich ein Baby, aber man kann es dem Charakter abnehmen. Sie ist traumatisiert und musste vieles alleine durchstehen.
* Achung, Spoiler*
Die Mutter hat sich immer weiter nach unten gesoffen, mit ihrem Suizid gedroht und diesen letztendlich auch herbeigeführt. Ida hat die Mutter schließlich tot aufgefunden. Wie soll man solche Bilder aus dem Kopf bekommen, ohne daran zu zerbrechen? Es ist kein Wunder, dass sie in kindliche Muster flüchtet und selbstzerstörerische Tendenzen aufzeigt. In mir hat hat sie den Instinkt geweckt, sie bemuttern und beschützen zu wollen.
Die Trauer, das empfundene Schuldgefühl und die aus der Überforderung resultierende Wut hat Caroline Wahl wirklich gut umgesetzt. Der klare und kraftvolle Sprachstil wirkt authentisch und passt zu der Geschichte. Auch Rügen und Hamburg als Setting waren genau mein Ding, so dass ich "Windstärke 17" viel besser als "22 Bahnen" fand!
Ida trauert um die Mutter, aber auch um die versäumte Kindheit. Dennoch möchte sie es nicht anders haben und nimmt ihr Schicksal an. Trotz des Zorns, der seelischen Krise und der Probleme sich Menschen zu öffnen ist sie reflektiert und bei sich.
Etwas irritierend fand ich das ältere Ehepaar, das freigiebig Tisch und Bett teilt. Marianne scheint wie ein Pendant zu Idas leiblicher Mutter. Auch sie ist schwer krank und triggert Idas Verlustängste. Dann die Lebensrettungsszene, wo Ida bei Sturm in die Ostsee geht und Leif auf dem Surfbrett auftaucht und sie zusammen um ihr Keben kämpfen ...für mich wirkte das leider etwas zu konstruiert und wenig subtil.
Tilda mochte ich immernoch nicht. Vielleicht musste sie egoistisch sein, um sich aus der toxischen Familiengeschichte zu befreien und alle Kraft für ihre eigene Familie zu investieren. Deshalb hat Ida meine Sympathien und ich verzeihe dem Roman die Schwächen. Gut fand ich, dass die Romanfiguren, auch die Mutter, keine Stereotypen sind. Aber besonders Ida hat mich mit ihrer Verletzlichkeit, ihrem Kampfgeist und ihrem Bemühen, wieder Halt im Leben zu finden, überzeugt. Sie will keine externe Hilfe annehmen und wehrt sich gegen Tildas Bemühungen, sie in eine Klinik einzuweisen. Sie ist es gewohnt alleine zu kämpfen. Das kann einen nur traurig machen, macht sie aber als Charakter nahbar, obwohl sie sich alle Mühe gibt, unnahbar zu sein.
Witzig, dass Amazon den Roman als "Urlaubsroman" anbietet. Für mich hat das nichts mit einem leichten Sommerroman am Meer zu tun, denn selbst die Elemente und die Ostsee auf Rügen sind wild und kämpfen mit Ida zusammen.
So kann man irren! Für mich war das Buch ein wirkliches Highlight! 💙