So bekömmlich wie Apfelkuchen

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Ja, dieses Buch von Brigitte Janson ist so bekömmlich und auch so herzerwärmend wie ein schöner Apfelkuchen. Beinahe alle Protagonisten sind mir sehr schnell als Herz gewachsen. Da ist zunächst Claudia, um die fünfzig. Ein gepflegtes Außeres ist ihr sehr wichtig, sowohl für ihren seit langen Jahren ausgeübten Beruf als Verkäuferin in einer Parfümerie, als auch für ihren italienischen Liebhaber. Für ihn muss sie auch stets ein Lächeln auf den Lippen tragen, denn Probleme sind nicht seine Welt. Doch nun soll Claudia altersbedindgt auf einmal ins Lager abgeschoben werden, und reagiert daraufhin so geschockt, dass sie sogar kündigt. Wenig später sitzt sie wie betäubt auf einer Bank und findet einen ganz besonderen Apfel, der sie an ihren Kindheit erinnert und ihr für einen Augenblick das Gefühl gibt, alles könne wieder gut werden. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Denn auch Claudias Tochter Jule steckt in einer Lebenskrise. Eben noch sehr erfolgreiche Dressurreiterin, erlebt sie einen schlimmen Unfall und behält Schmerzen und ein verkürztes Bein zurück. Dann gibt es noch Sara, die sowohl mit Claudia und Jule befreundet ist. Frisch geschieden und orientierungslos, muss auch sie ihrem Leben eine neue Richtung geben.
Auf einem Ausflug in die Altländer Apfelregion kommt Claudia schließlich ihrem geheimnisvollen Apfel auf die Spur: Es ist ein Winterglockenapfel, eine sehr alte, seltene Sorte. Schließlich erwirbt sie sogar einen baufälligen Hof mit einem solchen Baum im Garten. Apfelnaturkosmetik herzustellen, das ist ihr neuer Berufswunsch. Dieser Hof wird zum Projekt aller drei Frauen, wobei vor allem Jule zunächst noch sehr mit ihrem Schicksal hadert. Die Freundinnen müssen viele Hindernisse überwinden, das morsche Bauwerk, die vielen Handwerker und Bauarbeiten, der unwirsche, aber im Kern doch liebenswerte Nachbar Johann... Schließlich stößt sogar noch durch Zufall die frisch verwitwete Rentnerin Elisabeth zu ihnen, die die gute Seele des Hofes wird. Schließlich schafft es jede der Frauen, eine neue Perspektive zu finden, wobei es sich in Saras Fall um eine Neubewertung der alten Perspektive handelt, denn sie und ihr Mann finden wieder zueinander. Claudia erschafft tatsächlich ihre Kosmetiklinie und findet neues Liebesglück. Letzteres gelingt auch ihrer Tochter Jule, die zudem auf Reittherapeutin umschult und auf dem Hof vielen ausgemusterten Tieren ein neues Heim schafft. Und Elisabeth geht nach ihrer Zweckehe endlich ihren eigenen Weg.
Diese Frauen sind mal wirklich liebenswert und aus dem Leben gegriffen. Da verzeihe ich auch, dass manche Entwicklung doch ein bisschen märchenhaft ist, so zum Beispiel die Romanze zwischen Jules querschnittsgelähmter Bekannten aus der Reha, einem ziemlichen "Schandmaul", und Jules äußerst attraktivem italienischen Nachbarn vor dem Umzug zum Hof. Und warum haben die Leute in Romanen immer auf magische Weise genug Geld, das ihnen Auszeiten und das Verwirklichen ihrer Träume zu erlauben, während unsereiner sich täglich weiter ins Büro quälen muss? Aber das verzeihe ich diesem sympathischen Roman gerne, denn er rutschte eben so locker und leicht wie Apfelkuchen.