Johanna Friedrich: Winterfeldtstraße, 2. Stock

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Johanna Friedrich: Winterfeldtstraße, 2. Stock

Berlin, "Reichshauptstadt":
Wir schreiben das Jahr 1923: Charlotte Berglas ist im fünften Monat schwanger.
Da wird ihr Mann Albert, seines Zeichens ein freiberuflicher Fotograf, tot aus dem Landwehrkanal gezogen.
Während der Inflation hatte die Familie wie viele andere auch ihr gesamtes Vermögen verloren.
Rücklagen gibt es also nicht mehr.
Ganz abgesehen davon ist das Geld in diesen Tagen nicht viel wert.
Aufgrund ihrer Schwangerschaft ist Charlotte ja auch nicht mehr in der Lage, sich auf den Arbeitsmarkt zu stürzen und so für ihr Kind und sich selbst Nahrung, Kleidung und Unterkunft zu finanzieren zu versuchen.
Was also tun?
Auch an den Landwehrkanal gehen?
Dass ihr Albert sich das Leben genommen haben könnte, glaubt sie nicht.
Sie meint, dass er sie niemals allein ihrem Schicksal überlassen hätte.
Da kommt ihr eine Idee:
Sie beginnt damit, die Zimmer in ihrem Haus in der Winterfeldstraße zu vermieten.
Die unterschiedlichsten Typen treffen da aufeinander und bilden eine Art Zweckgemeinschaft, um die schweren Zeiten zu überstehen.
Die Beschreibung dieser Menschen zu lesen, hat mir viel Spaß gemacht, denn es ist ja wirklich eine bunt zusammengewürfelte Truppe, die da zusammen kommt, von ihrem Bruder Gustav, der aber eher ein Kleinkrimineller und nebst seinem Kumpel für Charlotte nicht gerade eine großartige Hilfe darstellt, über eine Bardame namens Claire bis hin zu einem geheimnisvollen Mann von Adel, auf dessen pünktliche Mietzahlungen Charlotte sich aber fest verlassen kann.
Meiner Meinung nach ist es Johanna Friedrich sehr gut gelungen, ein ebenso authentisches wie unterhaltsames Bild dieser Zeit zu zeichnen.
Ich kann dieses Buch wärmstens weiterempfehlen, auch und gerade als Weihnachtsgeschenk in unserer Zeit, in der man oft genug nicht zu schätzen weiß, wie gut es uns heute tatsächlich geht.