Die wilden Zwanziger

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hybris Avatar

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Die Autorin präsentiert hier einen historischen Kriminalroman aus der Zwischenkriegszeit.
Obwohl ich die Reihe vorher nicht kannte, hatte ich keine Verständnisschwierigkeiten, was für die Qualität des Geschriebenen spricht. Worum geht's ?

'München 1920. Kommissär Reitmeyer ist aus dem Krieg zurückgekehrt, versucht die dort erlittenen Traumata vor seiner Umgebung zu verbergen und dämpft aufkommende Panikattacken mit Geigenspiel. Dabei hat die Polizei alle Hände voll zu tun: Nahrungsmangel und Geldentwertung haben dazu geführt, dass die Stadt von einer regelrechten »Diebstahlseuche« heimgesucht wird und Schieber und Schleichhändler dicke Geschäfte machen. Da wird die junge Cilly Ortlieb, Kleindarstellerin in schlüpfrigen Produktionen des Münchner Filmkonzerns Emelka, tot im Keller einer Gastwirtschaft gefunden. Was zunächst wie ein Unfall aussieht, entpuppt sich als Mord mit einer großen Menge Morphium.
Während die rechte Einwohnerwehr durch die Straßen Münchens marschiert, sucht Kommissär Reitmeyer – von seinen Vorgesetzten argwöhnisch beäugt – in illegalen Spielclubs, Bars und Geheimbordellen nach einem zweifachen Frauenmörder. Dabei begegnet er Gerti Blumfeld, die auf der Suche nach ihrer abgetauchten Schwester eines der Mordopfer kennengelernt hat und bald selbst auf die Todesliste des Täters gerät …'

Felenda hat einen spannenden Roman geschrieben, der die Licht -und Schattenseiten der Weimarer Republik beleuchtet. Parteienzersplitterung, Inflation, eine Zunahme des Links-und Rechtsextremismus (vor allem des Rechtsextremismus) werfen ihre Schatten voraus. Historisch gesehen hat die Autorin sehr solide recherchiert und sie lässt eine vergangene Epoche glaubhaft literarisch auferstehen. Manche Ansätze sind natürlich nicht neu - der kriegstraumatisierte Ermittler, der im Ersten Weltkrieg schwer beschädigt wurde, ist quasi ein Topos. Im historischen Krimi "Tage der Nemesis" ist Kommissar Andreas Eckart auch traumatisiert; Kriegszitterer und Traumatisierte wurden nach dem Ersten Weltkrieg erstmals tatsächlich wahrgenommen, auch die Tatsache, dass die Technisierung diesen Krieg zum großen Einschnitt machte.
Ich lese gerne Krimis, die zur Zeit der Weimarer Republik spielen. Felendas Roman bildet da keine Ausnahme, der Stil liest sich sehr flüssig und die Figuren sind rund und gut ausgearbeitet. Auch Fans von Volker Kutscher dürften hier auf ihre Kosten kommen. Toll finde ich übrigens auch die Anmerkung Felendas, die beweist, dass die Autorin von ihrem Fachwissen (Sie studierte Geschichte und Germanistik) zehrt.

Mein Fazit:

"Wintergewitter" ist ein sehr guter historischer Roman, den ich sehr gerne zur Lektüre empfehle!