Hell-Dunkle Zeiten

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murksy Avatar

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München befindet sich 1920 zwischen den Kriegen. Der erste gerade vorbei, entsteht bereits wieder ein verstärktes Nationalbürgertum. Bürgerwehren wollen das Gesetz selbst in die Hand nehmen, nicht-deutsch ist andersartig. Hier nimmt das Buch einen feinfühligen Bezug zur Gegenwart, ob gewollt oder nicht. In dieser heiklen Situation scheint der Tod eines "leichten Mädchens" oder wie es angenehmer heißt "Schauspielerin" eigentlich gar nicht auf. Dass diese Frauen in den harten Zeiten einfach nur ums Überleben kämpfen, will niemand so richtig wahr haben. Doch die Frau in einem Keller eines schmierigen Lokales wurde ermordet. Mit einer Überdosis Heroin. Kommissär Reitmeyer versucht mit seinem Team dem Geheimnis des Todes auf die Schliche zu kommen, allerdings fällt das Mangels aussagekräftigen Zeugen und fehlender Mitarbeit schwer. Als ein zweiter Mord passiert, wird Reitmeyer selber zur Zielscheibe. Wagt er es doch in den Kreisen der besseren Gesellschaft zu kratzen, die in getarnten Bordellen den neuen Zeitgeist feiert. Schnell wird dort ein Bauernopfer ausgesucht, denn bis in Polizeikreise zieht sich die schmutzige Spur. Spielt Reitmeyer das böse Spiel mit? Oder ermittelt er raffiniert weiter um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen?
Durch Sprache und Stil gelingt es der Autorin vortrefflich, ein authentisches Bild der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit zu erzeugen. Sei es der einfache Bürger, der mit der Zukunftsangst kämpft oder der feine Herr, der seinen Gelüsten in zweckentfremdeten Gesellschaftshäusern nachkommt, alles ist stimmig verwoben und macht es dem Leser leicht, sich in die dunkel-wabernde Stimmung der Geschichte zu verlieren. Wohltuend ohne Blutorgien auskommen erzeugt das Buch langsam eine subtile Spannung, läßt den Leser an der üblichen Ungerechtigkeit der Umstände teilhaben und man hofft inständig, dass Reitmeyer zum geschickt geführten Schlag gegen die Täter ausholt, die sich unantastbar fühlen. Die Personen sind absolut glaubhaft, aber nicht zwingend sympathisch angelegt. Auch hier gibt es den Polizeigehilfen, der durch tolpatschige Schläue die Ermittlungen vorantreibt und ebenso den mürrischen Kommissär, der sich erst noch von den Neuerungen des Lebens ( Kino) überzeugen lassen muss. Guter Krimi mit gesellschaftskritischer Note, der unterhält und stimmig geschrieben ist. Was will man mehr?