Berührende Familiengeschichte

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Der Roman "Winterkinder" von Owen Matthews ist ein außergewöhliches Buch, das mich sehr fasziniert hat. Der Autor beschreibt darin die Geschichte seiner Familie, wobei die Lebens- bzw. Liebesgeschichte seiner Eltern Mila und Mervyn im Mittelpunkt stehen. Mila wächst in Russland auf und ihre Familie trifft die volle Härte des Stalin-Regimes als ihr Vater es wagt, eine kritische Einstellung gegenüber der Regierung einzunehmen. Mervyn wächst in der Enge einer walisischen Arbeiterfamilie auf und sehnt sich nach einem Leben in dem von ihm idealisierten Russland, muss aber später bitter erkennen, dass ein Leben in diesem Land beherrscht wird durch Kontrolle und Unterdrückung. Die Eltern von Owen Matthews müssen jahrelang um ihr Glück kämpfen, bis es ihnen schließlich gelingt, ein gemeinsames Leben in Freihheit zu leben.
Ich muss wirklich sagen, dass ich selten ein Buch gelesen habe, das mich so tief beeindruckt hat. Der Autor ist ein unglaublich guter Erzähler. Es gelingt ihm die ungeheuerlichen Brutalitäten des Stalin-Regimes sehr einfühlsam zu beschreiben. Die Dinge, die die Familie seiner Mutter erleben musste sind wirklich unfassbar und der Leser fragt sich, wie man überhaupt noch weiterleben kann, wenn man solches Leid erlebt hat. Das ist aber, glaube ich auch ein Teil der russischen Seele. Die Einwohner dieses Landes haben irgendwie gelernt, sich mit dem Unabänderlichen abzufinden und dennoch in ihren Herzen Herzlichkeit, Freude und Liebesfähigkeit bewahrt dazu aber auch noch einen ungeheueren Kampfeswillen. Sie bleiben nicht am Boden liegen und jammern, sondern stehen immer wieder auf und setzen ihren Lebensweg fort.
Das finde ich absolut bewundernswert und deshalb habe ich auch große Hochachtung vor der Mutter des Autors. Mila ist wirklich eine sehr mutige und zugleich auch eine sehr interessante Frau. Wenn man sich mal überlegt, was sie alles durchgemacht hat, fragt man sich, wie sie das alles überstehen konnte, zugleich aber auch noch so viel aus ihrem Leben gemacht hat. Wieviele Menschen hätten nicht längst aufgegeben und sich dem Unabwendbaren gefügt. Nicht so Mila.
Sie kämpfte immer weiter für ihre Lebensziele und das finde ich toll.
Owen Matthews beschreibt aber nicht nur die Geschichte seiner Großeltern und Eltern. Er beschreibt auch seine eigene Geschichte und die ist verknüpft mit der neueren Geschichte Russlands. Er beschreibt den Verfall der alten Ordnung und den Strudel der Wirren in den das Land damit gerissen wird. Auch sein Leben gerät aus der Bahn. Er ist jahrelang ein Suchender, der seinen Platz in der Welt zu fninden versucht. Diese Suche ist immer irgendwie auch mit Russland verbunden, da er sich von diesem Land zugleich magisch angezogen und auch abgestoßen fühlt.
Ruhe findet er erst, als er eine Familie gründet und in der Türkei seßhaft wird.
Mir hat das Buch wirklich außergewöhnlich gut gefallen und ich konnte es kaum aus der Hand legen. Schön fand ich auch, dass der Autor den Roman durch eigene Fotos bereichert hat. Das gibt dem ganzen eine noch persönlichere Note.
Ich kann das Buch wirklich nur empfehlen!