Winterkinder

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Die russische Familiensaga beginnt mit Marta und Boris Bibikow und ihren Töchtern Lenina und Ljudmila.
Gerade da, wo auch aktuell wieder große politische Unruhen die Menschen bedrohen,in der Ukraine, fällt
der linientreue stalinistische Funktionär Boris 1937 einer Säuberungsaktion zum Opfer.
Von einem Tag auf den anderen wird die Familie zerstört.
Der Vater hingerichtet, die Mutter kommt ins Arbeitslager, was sie für immer zeichnen wird.
Die Kinder, 12 und 3 Jahre alt, werden in verschiedenste grauenhafte Gefängnisse, Heime und Lager gebracht,
schließlich noch auseinandergerissen.
Hunger, Krankheit, Einsamkeit, Angst, Krieg, daraus besteht die Kindheit von Ljudmila und Lenina.
Eine schwere Knochentuberkulose wird Ljudmilla für immer zeichnen.
Doch Ljudmila erlebt später eine Liebesgeschichte mit Mervyn, dem britischen Vater des Autors.
In den 60er Jahren zur Zeit es kalten Krieges hat diese Liebe zunächst keine Zukunft, das Paar wird auseinandergerissen und kämpft nun jahrelang
um ihre Liebe.
Und auch das Leben des Autors ist untrennbar mit Russland verbunden. Ihn zieht es in die Heimat seiner Mutter, er besucht Schauplätze.
Ihm gelingt es, anhand von vielen Gesprächen mit Verwandten und Bekannten, Akten, Briefen und Eindrücken vor Ort die
Lebensumstände seiner Eltern und Großeltern
beeindruckend lebendig werden zu lassen.

Hilfreich ist dabei ein großer Fundus an Liebesbriefen der Eltern, die die fünfjährige Trennung bis zur Heirat überbrücken mussten, sowie
eine vollständige Akte über die Inhaftierung des Großvaters, mit erzwungenem Geständnis und Hinrichtungsvollzugsbescheinigung.
Die Erzählung springt immer mal wieder zurück in die Gegenwart und nimmt dann wieder die chronologische Berichterstattung auf. Fotos unterstützen die anschaulichen Schilderungen.

Ich empfinde die Schilderung der Zeit der 40er Jahre am intensivsten, der Leser leidet unsäglich mit, wenn die Geschwister täglich um ihr Überleben fürchten müssen.
Der Stil ist gut gewählt, die Vermittlung der starken Persönlichkeiten geschieht fast von selbst, allein durch ihr Handeln.
Dagegen flacht das Leben des Autors leider etwas ab, wirkt oberflächlicher und ziellos.

Insgesamt ein gelungenes Zeitgemälde in blutigen Farben, erschütternde Fakten, eingebettet in eine spannende Familiengeschichte.
Die Aufmachung des Buches ist hochwertig.