Winterkinder

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littlebutterfly86 Avatar

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Das Buch "Winterkinder" von Owen Matthews erzählt eindrucksvoll die Geschichte des Großvaters und Vaters des Autors.

Owen Matthews, Sohn einer Russin und eines Engländers, erzählt ein mitreißendes Stück Zeitgeschichte und Familiengeschichte zugleich.
Es beginnt 1937, wo sein Großvater Boris Bibikow sich von seiner Familie verabschiedet und für immer verschwindet. Seine Ehefrau und Töchter verstehen lange Zeit nicht, was passiert ist und werden erst richtig wach, als die Beamten des NKDW vor der Tür stehen, die Wohnung durchsuchen, Räume versiegeln und für sie wichtige Akten mitnehmen. Zu diesem Zeitpunkt weiß Marta Bibikowa nicht, dass ihr Mann sich noch auf freiem Fuss in einem Schlafwagen Richtung Süden unterwegs war, in dem Glauben er könnte in einem Sanatorium ein paar erholsame Tage verbringen. Boris Bibikow wird aber an seinem Ziel von den Häschern des NKDW (ist denke ich das russische Gegenstück zur GestaPo in Deutschland zur Damaligen Zeit), verhaftet und in Arrest gesetzt.
Auch Marta wird ein paar Wochen später unter Verdacht der Mittäterschaft verhaftet und die Töchter Ludmila (Owens Mutter) Lenina kommen in ein Waisen"haus", wo sie viele Jahre verbringen müssen. Mit Hilfe des Anstaltsleiters Jakow Mitschnik kam es dazu, dass die Mädchen 1937 bei der Ankunft im Lager nicht getrennt wurden. Kurz nach der Ankunft erkrankte Ludmila an Masern und Knochentuberkulose, von der sie fortan immer eine Gehbehinderung behielt.
1941 kamen die Deutschen nach Russland und wieder war es Jakow Mitschnik, der dafür sorgte, dass Mila mit anderen Kindern in einem Kahn über den Dschnepr in die Sicherheit fuhren. Lenina war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr im Waisenhaus gewesen sondern mit vielen anderen Jugendlichen zum Schützengraben ausheben abgeordert worden. 1942 war sie auf einer Kolchose von der aus sie zu ihrem Onkel nach Minsk kam. Dort war ihr vor allem die Tante nicht sehr freundlich gestimmt, da sie ja das Kind eines "Landveräters" war. Lenina blieb bis 1944 bei der Familie ihres Onkels. Dann flog Lenina mit einer russischen Mannschaft nach Molotow, dem heutigen Perm, um dort den kleinen Sohn eines Generals abzuholen. Es war das Lager in dem Mila inzwischen war. Es war das erste Mal seit 1941, dass die Schwestern sich wieder sahen.
Mila genaß nach der Entlassung aus dem Lager nur sehr langsam aber im Januar 1945, kurz vor ihrem 11, Geburtstag war sie so weit wieder gesund, dass sie aus dem Kinderheim in Malachowka, wo sie zwischenzeitlich hin verlegt worden war, entlasen werden konnte. Ihre nächste Station war ein Waisenhaus in Saltykowka, da sie bei ihrer Schwester, die inzwischen geheiratet hatte, aus Platzgründen nicht unterkommen konnte und ihre Tante sie immer noch nicht aufnehmen wollte. Sie machte dort ihren Abschluss und ging hinterher zur Universität, wo sie einige Bekanntschaften machte. Schließlich 1960 hatte sie eine Festanstellung am Institut fur Marxismus und Leninismus, in der sie auch noch arbeitete als sie 1963 Mervyn Matthews das erste Mal begegnete.
Der junge Mann, der durch einige Querelen mit dem KGB in Schwierigkeiten geraten war und nach drei jahren das erste Mal wieder nach Moskau gekommen war, verliebte sich fast augenblicklich in die junge Frau, die durch ihre Behinderung etwas mit ihm gemeinsam hatte. Nach sechs Jahren Trennung (die das KGB zu verschulden hatte) heirateten Mervyn und Mila 1967 und emmigrierten ein paar Jahre später nach England, da die Unruhen in Russland nicht enden wollten. Dort wurde 1971 dann auch Sohn Owen Matthews geboren.

Owen Matthews hat durch dieses Buch sehr viel recherchieren müssen und auch viele Reisen nach Russland machne müssen. Ich finde das Buch aber sehr ausführlich geschrieben. Allerdings ist es keine Kost für jemanden der eher einen normalen Roman erwartet. An manchen Stellen liest es sich (auch aufgrund der Flut an geschichtlichen Fakten) etwas zäh, aber das mag vielleicht nur mein Eindruck sein.

Ich vergebe für das Buch 4 Sterne.