Winterkrieg - eine finnische Familie

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Finnland – Familie Paul und ihre kleinen und großen Krisen.
Max Paul, erfolgreicher Soziolog, Autor und Professor, beginnt eine Affaire mit einer ehemaligen Studentin, die jetzt Journalistin ist und ihn interviewte.
Seine Tochter Helen in einer typischen, völlig normalen Ehe, zwei Kinder, Beruf (Lehrerin), aber unzufrieden und sie hat sich selbst verloren.
Seine Tochter Eva, bald 30 und noch nicht ihren Platz im Leben gefunden, unter Erfolgsstress und ohne Ziel, fängt ein Kunststudium an und hat ein Verhältnis mit ihrem Professor und wird schwanger.
Seine Frau Katriina stürzt sich in Arbeit – beruflich und privat und wünscht sich eine neue Küche.
Helen und Katriina sind etwas zurückgezogener, Max und Eva aktiver, mehr kämpfend (obwohl das nicht so richtig der passende Ausdruck ist).

Insgesamt alles total banal. Man erfährt keine weltbewegenden Gedanken oder Lösungen, es plätschert alles spannungslos dahin – und doch liest sich „Winterkrieg“ unfassbar gut und flüssig. So lässt mich das Buch komplett ratlos zurück. Was soll ich nun davon halten? Es war irgendwie langweilig, aber trotzdem habe ich es bis zum Ende gelesen und nicht weggelegt. Noch dazu habe ich es in einem Tempo gelesen, das mich erstaunt. Okay, hin und wieder gab es kleine Highlights, die mich amüsiert haben, aber eigentlich reißen die es dann doch nicht wirklich raus.

Gespickt wird die Story noch mit Ansichten über Emanzipation und Feminismus, die englische (londoner) Kunstszene, die Occupy-Bewegung, Kapitalismus usw. Und natürlich kommt auch noch der Nazionalsozialismus kurz vor. Am Rande noch die im Altersheim lebende Mutter, die man nur sehr sporadisch besucht, aber gern als Alibi fürs Schäferstündchen nutzt. Klischeés ohne Ende also.

Die einzelnen Protagonisten haben sich gar nicht groß voneinander unterschieden. Mag sein, dass dies Absicht war: sie sind ja miteinander verwandt. Aber trotzdem – das macht alles so farblos und zum Einheitsbrei. Es fehlt einfach der Tiefgang. Man sympathisiert mit keiner einzigen Figur, schaut nur unbeteiligt dabei zu, wie diese Finnische Familie aneinander vorbei lebt und sich Probleme schafft, wo keine waren. Soll uns „Winterkrieg“ zeigen, wie gut es uns geht und welche Wohlstandsprobleme wir haben? Dass es anderswo echte Probleme gibt? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mich frage, ob auch ich in Ansätzen so oberflächlich bin – ich hoffe es nicht!

Nach endlosem Geschwafel kommt das Ende des Buches dann sehr kurzfristig und ohne echten Abschluss. Wirklich Sinn hat am Ende nichts gemacht und das ist dann reichlich unbefriedigend.

Wie im historischen Winterkrieg zwischen Finnland und Russland 1939/1940 gibt es auch im Winterkrieg der Familie Paul keinen Gewinner, aber auch keinen Verlierer. Krieg ist immer sinnlos – so auch hier.

Fazit: drei Sterne, denn schlecht war es ja nicht, aber auch kein Buch, das ich auf den Bestsellerlisten sehe.