Winterkrieg in einer schrecklich netten Familie

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buecherfan.wit Avatar

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In seinem Debütroman “Winterkrieg“ schreibt der Finnlandschwede Philip Teir nicht etwa über den finnisch-russischen Krieg von 1939/40, sondern über einen sehr privaten Kriegsschauplatz: das Zerbrechen einer nach außen intakten ganz normalen Mittelschichtfamilie, die alles hat, um glücklich zu sein, es aber nicht ist. Soziologe Max Paul hat eine Stelle an der Universität Helsinki und schreibt seit vielen Jahren an seinem Opus Magnum, das nie fertig und vermutlich auch nicht veröffentlich wird. Er ist seit über dreißig Jahren mit Katriina verheiratet. Obwohl Sexualität und Ehe Max Pauls Spezialität ist, haben seine Studien offenbar wenig praktischen Nutzwert, denn in seiner Ehe kriselt es seit langem. Das Ehepaar hat zwei erwachsene Töchter, Helen und Eva. Helen ist Lehrerin, verheiratet mit dem überaus tüchtigen Christian und hat zwei Kinder. Auch Helen ist nicht glücklich. Sie findet ihr Leben langweilig und ereignislos, ohne jede Perspektive. Die knapp 30jährige Eva zieht zum Kunststudium nach London, weil sie Klarheit über ihren weiteren Lebensweg gewinnen will. Sie lässt sich genauso wie ihr Vater auf eine Affaire ein, die nur schlecht enden kann. In den vom Autor beschriebenen fünf Monaten geht in dieser Familie alles den Bach runter, ohne dass man so recht weiß wieso eigentlich und ohne dass Auswege aus der Krise aufgezeigt werden.
Der Roman ist nicht schlecht, aber der ganz große literarische Wurf ist es auch nicht. Er ist weder spannend noch besonders interessant oder ungewöhnlich. Die vielen theorielastigen Exkurse in die Soziologie und Kunstwelt lesen sich sogar ausgesprochen zäh. Warum der Autor einer der wichtigsten finnischen Autoren der Gegenwart sein soll, erschließt sich mir nach der Lektüre von “Winterkrieg“ nicht so ganz. Insgesamt bin ich von dem Roman etwas enttäuscht.