Zäh wie ein langer Winter

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Kari Leibowitz' Buch "Wintern" ist eine Mischung aus erzählendem Sachbuch und Reisebericht, das Strategien gegen den "Winterblues" vermitteln will.

Die promovierte Psychologin bezeichnet sich als "Wintermindset-Expertin", ihre Doktorarbeit stammt jedoch aus dem Bereich der Arzt-Patienten-Kommunikation.

So zieht sie insbesondere Forschung über den Nocebo-Effekt heran, um den Einfluss negativer Erwartungen zu erläutern - der sogenannte Noceboeffekt soll unerwünschte Medikamentenwirkungen durch deren Erwartung erklären, jedoch ist diese Forschung mit vielen methodischen Problemen behaftet - unterschiedliche, unerkannte Stoffwechselempfindlichkeit kann z. B. durchaus auch ursächlich sein.

Genauso könnte die Erwartung, dass es einem im Winter schlechter geht, auch in der Erfahrung begründet sein, und beispielsweise genetische Unterschiede im circadianen Rhythmus die tatsächliche Ursache sein. Diese finden leider keinerlei Erwähnung im Buch, obwohl die Autorin selbst nebenbei bemerkt, an einer Schlafphasenstörung und Hypersomnie zu leiden, worauf aber kaum eingegangen wird.

Andere physiologische Themen (z. B. die positive Wirkung warmer Bäder) werden dagegen äußerst ausschweifend behandelt. Manche Argumente werden lang und breit ausgewälzt, teils auch an verschiedenen Stellen wiedeholt, so dass die Lektüre zäh war.

Positiv hervorheben möchte ich die Betonung der Rahmenbedingungen (z. B. Räumen von Radwegen) für eine gute Wintererfahrung, deren Schaffung den Kommunen obliegt.

Ein paar gute Ideen habe ich zwar gefunden, aber das meiste war mir nicht neu, die Reisegeschichten eher langweilig, ich musste mich wie durch einen zu langen Winter durch das Buch quälen.