Zeitmaschine aus Papier
Mit dem zweiten Teil seiner Essex-Dogs-Trilogie versetzt uns Dan Jones erneut an die Seite der verbliebenen Mitglieder der Essex Dogs, einem Söldnertrupp des englisches Heeres, das im Jahr 1346 unter Edward III. in Frankreich eingefallen ist und nun, nach der gewonnenen Schlach von Crécy, die Stadt Calais belagert. Die Dogs sind seit der Invasion merklich geschrumpft und müssen sich nach gewonnener Schlacht nun gegen die Anfeindungen im eigenen Heer behaupten, dessen Anführer die Dogs immer wieder als Spielball eigener Interessen und Feindseligkeiten untereinander missbrauchen. So müssen die Dogs auch ohne Kampfhandlungen mit dem Feind tagtäglich ihren Überlebenswillen unter Beweis stellen und sich immer wieder auf neue Situationen einstellen. Mit ihnen erleben wir die Verhältnisse im englischen Heereslager vor Calais, die beeindruckenden technischen und militärischen Vorkehrungen genauso wie die furchtbaren hygienischen Verhältnisse. Wir erleben mit ihnen sadistische Heerführer und Soldaten, erfahren, welchen Einfluss reiche Kaufleute auf die Strategie des Königs haben, welche Rolle Schmuggler und Piraten bei der Belagerung spielen. Sie alle erleben wir hautnah, hören, sehen und riechen Situationen, die blitzschnell umschlagen können, erleben atemlos neue Wendungen. So gelangt ein Teil der Essex Dogs in die belagerte Stadt, wo wir die Situation der hungernden Bevölkerung in entsetzlicher Detailtiefe ebenso kennenlernen wie die Ränkespiele der städtischen Patrizier. Dan Jones, Autor von Sachbüchern zum Thema (z.B. „Mächte und Throne“), erweist sich dabei als außerordentlich präziser Kenner und Rechercheur der jeweiligen Verhältnisse, wodurch ihm das Kunststück gelingt, eine ebenso bildhafte wie fesselnde Geschichte gewissermaßen „nebenbei“ mit soviel Fakten anzureichern, das man das Buch mit viel neuem Wissen wieder zuschlägt. Die Charakterschilderung der einzelnen Beteiligten kommt bei alledem nicht zu kurz; wir erfahren mehr über die Vergangenheit von Loveday, Scotsman, Millstone, Tebbe und Romford, verstehen ihre Nöte, ihre jeweils ganz eigene Art, die Schrecknisse des Krieges zu ertragen.
Bei aller Detailtiefe, die weitaus eindrücklicher ist als aktuelle Serien im Streaming-TV, ist dieses Werk ein Plädoyer gegen den Krieg, für Menschlichkeit und Toleranz. Eine klare Leseempfehlung!
Bei aller Detailtiefe, die weitaus eindrücklicher ist als aktuelle Serien im Streaming-TV, ist dieses Werk ein Plädoyer gegen den Krieg, für Menschlichkeit und Toleranz. Eine klare Leseempfehlung!