Eine berührende Geschichte...

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carmen1994 Avatar

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"Wir sehen uns am Meer", ein Roman von Dorit Rabinyan, hat mich zutiefst berührt, fasziniert, mitgerissen, zum lachen und zum weinen gebracht. Wer dieses Buch liest, geht auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
Liat, die aus Tel Aviv stammt und für ein Auslandsstudium in New York ist, lernt Chilmi, einen jungen Palästinenser kennen, der in New York als Künstler arbeitet. Zwischen den zweien entwickelt sich schnell eine unbeschreiblich schöne und außergewöhnliche Liebesgeschichte. Der Plot ist nicht besonders außergewöhnlich- viele der Geschehnisse nicht sonderlich überraschend, was aber nicht weiter schlimm ist. Ich denke, das, was diesen Roman so besonders macht, ist die Sprache. Die Art und Weise, wie die Autorin bestimmte Orte, Gefühle oder Situationen beschreibt. Die Sprache ist sehr blumig und anschaulich man fühlt sich, als würde man zusammen mit Liat und Chilmi durch die verschneiten Straßen von New York wandern.
Die Autorin schafft es, den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern für die Leser anschaulich zu machen. Genau diesen politischen Aspekt dieses Buches fand ich sehr fesselnd- vor Allem, da ich bereits auf einigen Vorträgen und Veranstaltungen zu diesem Thema gewesen bin.
Vor Allem am Anfang erinnert das Buch sehr an eine moderne Romeo und Julia-Geschichte, aber die Vorurteile, mit denen die zwei belastet sind, kommen nicht nur von ihren eigenen Familien, sondern von ihren Kulturen und sie sind auch in den Köpfen der beiden jungen Menschen fest verankert. Und obwohl sie beide wissen, dass aus ihnen nichts werden kann, nicht nur, weil Liat wieder zurück nach Tel Aviv gehen wird, sondern auch, wegen ihrer Vorurteile und kulturellen Unterschiede, können sie nicht voneinander lassen und kosten die Zeit, die sie miteinander haben, so gut es geht aus.
Die Protagonisten selbst sind toll gezeichnet, sie haben Tiefgang, man glaubt ihnen, kann sich gut in sie hineinfühlen. Man erfährt viel über die Vergangenheit der zwei, ihre Kindheit, ihre Familien und stellt fest, dass, obwohl sie aus "verfeindeten Lagern" stammen, doch ein sehr ähnliches Leben haben. Zum Ende hin wird es dann noch sehr aufwühlend, aber ich möchte alljene, die das Buch noch nicht gelesen haben, nicht spoilern ;)
Das Buch war bis vor kurzem noch Pflichtlektüre an israelischen Oberstufenschulen, was viel vom literarischen Wert des Buches zeigt. Die politische Botschaft ist in wunderschönen, zarten, poetischen Worten verpackt und macht genau damit das Buch zu etwas Besonderem.
Durch das Buch werden aber auch wir, die wir in der westlichen Welt leben, mit den Vorurteilen konfrontiert, die wir gegenüber den östlichen Ländern haben.
Ich wünsche mir für dieses Buch einen Platz ganz oben auf der Bestsellerliste und viele begeisterte Leser, die nach der Lektüre hoffentlich einige der Vorurteile, die auch in unserer Kultur verankert sind, überdenken...