Fesselnd

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„Wir sehen uns wieder am Meer“ von Trude Teige verspricht eine fesselnde Geschichte zu werden, die mich von der ersten Seite an gepackt hat. Der Prolog, der im April 2023 beginnt, weckt sofort meine Neugier. Die Protagonistin, Juni Bjerke, wird von einer Anna Borch kontaktiert, die nach einer Freundin ihrer Großmutter, Tekla Bjerke, fragt – Birgit Johansen. Es stellt sich heraus, dass Birgit Annas Großtante war und ein unglaubliches Geheimnis barg: Sie war nach dem Krieg eine amerikanische Agentin in Moskau. Das allein ist schon spannend genug, aber dann kommt noch eine weitere Freundin, Nadia aus der Ukraine, ins Spiel, deren Geschichte ebenfalls Rätsel aufgibt. Die Vermischung von Familiengeschichte und Spionage ist wirklich vielversprechend.
Der erste Teil des Romans, der im Januar 1944 in Bodø spielt, führt uns direkt in die Vergangenheit und zu Birgit. Die Beschreibung der winterlichen und zerbombten Stadt ist sehr lebendig und beklemmend. Man spürt förmlich die Kälte und die Zerstörung. Birgits Ankunft im Krankenhaus von Bodø, ihre Motivation, aus Oslo zu fliehen und die Erinnerungen an Ilja hinter sich zu lassen, lässt mich sofort mit ihr mitfühlen. Besonders eindringlich ist die Szene, in der sie auf die russischen Gefangenen trifft, die von deutschen Soldaten bewacht werden. Ihr kurzer Austausch mit einem der Männer auf Russisch, und sein verzweifelter Blick, berühren mich sehr.
Die Rückblenden nach Oslo und die Erlebnisse mit ihren Freundinnen Tekla und Annelise geben einen tiefen Einblick in Birgits Charakter und ihre Überzeugungen. Ihre Ablehnung, für die Deutschen zu arbeiten, und ihre Enttäuschung über Annelises Entscheidung, als Frontschwester zu dienen, sind gut nachvollziehbar. Die Beziehung zu Ilja, ihrem Russischlehrer, wird sehr zärtlich und gefühlvoll beschrieben. Man spürt die besondere Verbindung und die tiefe Liebe, die Birgit für ihn empfindet. Sein plötzlicher Tod ist ein Schock und erklärt Birgits Wunsch nach einem Neuanfang und einem neuen Sinn im Leben.
Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd, die Charaktere sind gut gezeichnet und wirken authentisch. Die historische Kulisse ist detailliert und überzeugend. Ich bin sehr gespannt, wie sich Birgits Geschichte in Bodø entwickeln wird und welche Geheimnisse sie noch lüften wird. Auch die Verbindung zu Nadia und Annas Suche in der Gegenwart verspricht weitere spannende Wendungen.