Ein Buch über Grausamkeit, Freundschaft, Stärke und das Leben

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1944 in Norwegen. Die deutschen Nazis haben das Land besetzt und Gefangenen- und Zwangsarbeiterlager eingerichtet. Einige Norweger dienen sich der deutschen Besatzung an, manche übernehmen die brutale Gesinnung, andere engagieren sich im Widerstand. Die junge Birgit zieht von Oslo in den Norden, um als Krankenschwester zu arbeiten. Sie freundet sich mit Nadia an, die aus der Ukraine von den Deutschen verschleppt wurde und nun in der Fischfabrik schuften muss. In dem Krankenhaus, in dem Birgit arbeitet, hilft eine Widerstandsgruppe, u.a. geflohenen, russischen Kriegsgefangenen und sie schließt sich der Gruppe an.

Ungefähr zwei Drittel des Buches erzählen von den letzten Kriegsjahren 1944/45 in der nordnorwegischen Kleinstadt. Der ruhige, aber intensive Erzählstil und die Charakterisierung von Nadia und Birgit und von vielen anderen Personen machen diese schwierige Zeit (be-)greifbar. Sowohl die leisen Töne zwischenmenschlicher Annäherung als auch die brutale Realität unter der Besatzung ziehen mich in die Geschichte hinein und machen sie lesenswert.

Die Erfahrungen der Frauen in der Kriegszeit prägt auch ihr Nachkriegsleben. Davon erzählt das letzte Drittel des Buches, das mich trotz der eindrücklichen Erzählweise nicht wirklich fesseln konnte. Hier flacht der Spannungsbogen meiner Meinung nach ab, die Geschichte wirkt konstruiert und an mancher Stelle vorhersagbar. Wobei ich die Geschehnisse, die geschildert werden (und die ich nicht spoilern möchte), für glaubhaft und in der damaligen Zeit realistisch halte.  

Umrahmt wird die Erzählung von Birgit durch Prolog und Epilog in der Jetzt-Zeit (den ich nicht gebraucht hätte), der an die anderen Bücher von Trude Teige anknüpft, insbesondere an »Als Großmutter im Regen tanzte«, in dem die Geschichte von Birgits Freundin Tekla in den Kriegsjahren erzählt wird. So ist es folgerichtig, dass auch in »Wir sehen uns wieder am Meer« im Regen getanzt wird. Ich fand das Buch so eindrücklich, dass ich nun auch das erste Buch von Trude Teige lesen werde.

Mein Fazit: ein bedrückendes und wichtiges Buch über das Entsetzliche, was Menschen anderen Menschen antun können und ein Plädoyer für die Freundschaft und das Leben. Oder wie es Birgit sagt: »Aber das Leben ist nicht nur das, was geschehen ist. Es ist auch das, was geschieht und noch geschehen wird.«

Für das Hörbuch: die angenehme Stimme von Yara Blümel unterstützt die Geschichte. Ich habe ihr gerne zugehört.

Vielen Dank an argon & Fischer für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars über NetGalley. Die geäußerte Meinung ist meine eigene.