"Bruder", das ist ein super Wort

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
owenmeany Avatar

Von

Eine Grundschulklasse im Rhein-Main-Gebiet mit Kindern aus aller Herren Länder außer zweien, die aufgrund ihrer norddeutschen und schwäbischen Herkunft ebenfalls sprachliche Auffälligkeiten vorweisen: über dieses allgemein verbreitete Phänomen lamentieren Bevölkerung, offizielle Stellen und die Medien sowieso.

Tanya Lieske dreht den Spieß um und zeigt uns, welch einen Reichtum diese Multikulturalität darstellt, wenn die Lehrkräfte damit umgehen können und die verschiedenen besonderen Qualifikationen in die richtigen Bahnen lenken. Die Vorkommnisse schildert Adam, ein aufgeweckter Junge aus einem polnischstämmigen Elternhaus, der uns ganz nebenbei noch mit ein paar Brocken seiner Muttersprache und einem Kochrezept versorgt, denn gerade ohne die internationale Küche würden wir doch so manches entbehren, ganz besonders wenn es wie hier zu einer wunderbaren Symbiose zwischen den polnischen und den syrischen Speisen kommt.

Adam plaudert frank und frei von der Leber weg, in einer völlig korrekten Umgangssprache, die Jungleser keineswegs in Verwirrung stürzt, aber Raum bietet für manches Schmunzeln. Sympathisch sind die Akteure fast ausnahmslos.

Herzerfrischend ist das alles geschrieben und mit einer entschiedenen Tendenz hinsichtlich Frieden und Versöhnung. Die Lehrerin tritt ausländerfeindlichen Konfrontationen resolut entgegen und setzt sich ein für die Beilegung eines interfamiliaeren Konflikts.

Richtige Spannungselemente bleiben aber weitestgehend aus, sodass das Buch trotz ansprechender Gestaltung durch Sibylle Hein kein Selbstläufer werden wird. Vielleicht benutzen es engagierte Pädagogen als lohnenswerte Schullektüre und Vorbilder vermittelnden Diskussionsstoff - das würde ich der insgesamt sehr gelungenen Geschichte von Herzen wünschen.