Drei Schwestern und ihr Leben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
brenda_wolf Avatar

Von


Vielen Dank. Ich bin froh, dass ich dieses Buch lesen durfte.

Anne Gesthuysens Roman „Wir sind doch Schwestern“ hat mich bereits mit den ersten Zeilen gefangen genommen. Katty erwartet ihre Schwestern zu Besuch. Sie wollen gemeinsam Getruds 100sten Geburtstag feiern. Beim Aufräumen fällt ihr, gut versteckt in einem Schrank, ein alter Aktenordner in die Hand. Heinrich hatte sie vor seinem Tod gebeten den Ordner zu vernichten. Sie hatte es vergessen. 'Im Namen des Volkes' liest sie. Und weiter: Die Klägerin behauptet, der Beklagte unterhalte intimen Umgang mit der Zeugin Franken. Die Zeugin Franken, das war sie. Was hier zu lesen ist, hatte sich vor mehr als 50 Jahren zugetragen.

Katty kam im Alter von vierundzwanzig Jahren auf den Tellemannshof, nachdem Heinrich Hegmanns Ehefrau verstorben war, um dessen Haushalt zu führen und für den Sohn Theodor (13) da zu sein. Theodor verstarb in jungen Jahren auf dem Felde der Ehre.

Getrud war einst mit Heinrichs Bruder Franz verlobt gewesen. Zwischen Gertrud und Heinrich bestand von Anfang an eine starke Abneigung. Franz war im Krieg als Flieger gefallen und Getrud blieb allein. Gertrud führte ein verantwortungsbewusstes Leben als Rektorin einer Schule, aber sie war kein fröhlicher Mensch. Sie wurde 100 Jahre, doch die meisten davon war sie verbittert gewesen.

Als einzige von den Schwestern war die immer fröhliche Paula verheiratet gewesen. Jetzt mit ihren 98 Jahren war sie fast blind und nichts destotrotz noch immer ein Ausbund an guter Laune. Ihr bereitete es oft diebisches Vergnügen kleine Unverschämtheiten auszuteilen. Aber ihre Ehe wurde einst geschieden.

Ich möchte nicht mehr verraten. Man muss das Buch einfach selber lesen.

Die Protagonistinnen sind zwar altersbedingt ein bisschen schrullig, aber liebenswert schrullig. Ich mochte sie sehr. Sie haben ihr Leben gemeistert, trotz all der Härten die das 20. Jahrhundert mit sich brachte. Sie waren nicht immer einer Meinung, aber sie haben doch immer zusammengehalten. Und das ist das Besondere an Schwestern. Ich kann das gut nachempfinden, auch wir sind drei Schwestern und gehen gemeinsam durch dick und dünn. Anne Gesthuysen präsentiert uns mit ihren Großtanten nicht nur ein Stück Zeitgeschichte, wir spüren auch etwas von der Würde des Alters, die von den drei Damen ausgeht, es umgibt sie eine ganz besondere Aura. 100 Jahre alt zu werden hat schon auch was Magisches und dann noch so ‚beieinander‘ zu sein wie diese Damen, die trotz ihres Alters vor Leben sprühen. Beneidenswert.

Die Autorin schreibt eindrucksvoll und in einer gut lesbaren Sprache. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Es ist ein Buch das über längst vergangene Ereignisse, über Stolz, Schuldig werden und Gefühle erzählt, die im Rückblick zwar noch immer schmerzen jedoch an Schärfe verlieren. Und das ist gut so.

Quintessenz: Um Frieden zu schließen muss man verzeihen können. Und dafür braucht es Liebe. Für mich war das Buch ein Glanzlicht in diesem Leseherbst.