Eine Familiengeschichte zum Eintauchen

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Anne Gesthuysen nutzt in ihrem Roman die real existierenden Personen ihrer drei Großtanten Gertrud, Paula und Katty, um nicht nur in Auszügen deren jeweils um die 100 Lebensjahre umfassenden Lebensgeschichten zu erzählen sondern auch gleich noch einen geschichtlich-politischen Einblick in eine niederrheinische Dorfgemeinschaft zu werfen.
Wir begleiten Gertrud und deren Schwestern in den Tagen kurz vor und an ihrem 100. Geburtstag und lernen durch geschickte Rückblicke und Erinnerungen mehr aus der Lebensgeschichte der drei Schwestern.

Dieser Einblick gelingt Gesthuysen ganz vorzüglich. Durch ein flottes Erzähltempo, Witz und interessante Anekdoten liest sich das Buch wunderbar zügig runter. Es entwickelt seine ganz eigene Spannung und der Leser möchte zunehmend erfahren, wie es zu bestimmten Zerwürfnissen aber auch dem Zusammenhalt der Schwestern gekommen ist. Sprachlich bewegen wir uns hier sicherlich nicht in der Hochliteratur, trotzdem hat das Buch einen gewissen Anspruch und verkommt nicht zur "banalen historischen Frauenliteratur". Die rasanten Sprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind dabei stets inhaltlich gut verwoben. Der Witz entwickelt sich vor allem im Gegenwarts-Erzählstrang mit amüsantem Blick auf die hochbetagten Damen.

Dieses Buch kann ich guten Gewissens empfehlen für alle, die sich schon lange gedacht haben: Die Geschichte meiner Großeltern müsste mal aufgeschrieben werden, da sie so interessant ist. Dabei geht es eben nur nebenbei um Weltgeschichte, sondern vielmehr das Leben auf dem Dorf seit 1900. Diese Geschichte erzählt Gesthuysen sehr gut.