Gelebte Frauen-Geschichte

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Anne Gesthuysen hat über das Leben ihrer drei Großtanten geschrieben, die zusammen 298 Jahre alt geworden sind.
Anlässlich des 100. Geburtstages der Ältesten treffen die drei Schwestern auf dem Hof zusammen, der zumindest für zwei von ihnen eine zentrale Rolle in ihrem Leben gespielt hat. Gertrud, die Jubilarin, verbindet sehr negative Empfindungen mit dem Hof und seinem ursprünglichen Eigentümer. Katty, mit 84 Jahren die Jüngste, hat ihr ganzes Erwachsenenleben dort verbracht und den längst verstorbenen Hofherrn geliebt. Und dann ist da noch Paula, auch schon 98 Jahre alt, die das unkomplizierteste Verhältnis zu ihren Schwestern hat.
In Rückblenden werden die Lebensläufe der drei Schwestern aufgerollt. Die unverheiratete Gertrud, obwohl aus sehr ärmlichen Verhältnissen stammend, kann auf eine Karriere als Rektorin zurückblicken. Paula, die zwar verheiratet war und Kinder großgezogen hat, aber dann mit der Homosexualität ihres Mannes konfrontiert wird. Und Katty, die zwar mit dem geliebten Mann ihr Leben verbringt und Teilhabe an seiner politischen Karriere hat, aber aufgrund der falschen Herkunft für ihn als Ehefrau nicht denkbar ist.
Die Zeiten vor dem ersten und besonders nach dem zweiten Weltkrieg werden sehr ausführlich anhand der Lebensläufe der drei Frauen beschrieben. Leider wird über Paulas Leben relativ wenig berichtet, obwohl sie wahrscheinlich die sympathischste der drei Schwestern war. Gertrud wirkt eher kühl und herrisch, Katty genießt es, Macht auszuüben und die Fäden in der Hand zu haben.
In der Gegenwart spielt aber nicht nur die bevorstehende Geburtstagsfeier, sondern auch Kattys Plan, Gertrud ganz zu sich auf den Hof zu holen, eine zentrale Rolle. Mit Hilfe ihrer Schwester Paula will sie Getrud davon überzeugen, dass sie nicht mehr alleine leben kann und das Zusammenleben mit Katty die optimale Lösung ist. Doch dazu müssen erst einmal die alten Geschichten und Konflikte bearbeitet werden.
Ein Buch, das sehr flüssig und gut lesbar geschrieben ist. Stellenweise fällt es schwer, sich in die Handlungsweise der beteiligten Personen hineinzuversetzen. Das hat sicher mit der doch stark veränderten Rolle der Frauen zu tun, aber nicht nur. Der Schwerpunkt ist vielleicht zu sehr auf die Person der Katty gesetzt worden, sodass die Handlungen der anderen Schwestern für mich nicht ganz nachvollziehbar sind.
Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen und würde es mit Einschränkungen auch weiterempfehlen.