Familiäre Verstrickungen

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bobbi Avatar

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In ihrem feinfühlig-klugen Debütroman „Wir sitzen im Dickicht und weinen“ geht Felicitas Prokopetz über Generationen hinweg den familiären, emotionalen Erbe und verästelten Verstrickungen nach – welche Verhaltensmuster unserer Mütter prägen uns, welche lehnen wir ab und können wir den dichten Nebel um die mitgegebenen Emotionen lüften?

Die Protagonistin Valerie ist alleinerziehende Mutter eines 16-jährigen Sohnes, der sich langsam ablösen und ein Auslandsjahr verbringen möchte – zeitgleich wird Valeries Mutter Christina schwer krebskrank und ist auf deren Hilfe angewiesen, auch wenn zwischen Beiden viel Unausgeprochenes und eine unsichtbare Mauer steht. Das geht auch solange gut, bis ein Konflikt Valeries Geduld und Innenwelt platzen lässt.

Mit vielen Zeitsprüngen in die familiäre Vergangenheit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg spannt Prokopetz achronologisch einen gekonnten, weiten Bogen in die zeitlichen Umstände und Prägungen unserer Vorfahren und welche Muster sowie seelischen Verletzungen sie wiederum ihren Kindern weitergegeben haben. Im Vordergrund stehen dabei Mutter-Tochter-Verhältnisse, abwesende Väter sowie Frauen, die sich emanzipieren möchten. In den Rückblenden spielt die Autorin atmosphärisch dicht mit Dialekt und zwischenmenschlichen Generationsunterschieden zu den jeweiligen Zeiten und verknüpft auch Valeries Vergangenheit sowie Hoffnungen als Kind bewegend mit der Gegenwart, ohne sentimental oder pathetisch zu werden.

Obwohl mit vielen treffenden Sprachbildern einige ernste Themen im Leben der menschlichen Emotionen und Traumata beschrieben werden, blitzt oft subtiler Humor und Lebensfreude auf. Zwischen Loslassen und Bindungen festhalten schildert Felicitas Prokopetz viele Facetten der transgenerationalen Weitergabe innerhalb der Familie und bringt es in kurzen Kapiteln sowie einer eindringlichen Geschichte pointiert auf den Punkt – mit einem berührendem Ende.