Büchermenschen(hör)buch

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Dass Tessa Bickers „Wir treffen uns im nächsten Kapitel“ ein (Hör-)Buch für Büchermenschen ist, ist sofort klar, denn das sagen schon Titel, Cover und Klappentext. So weit so gut, doch nicht jedes Büchermenschenbuch erreicht Büchermenschen gleichermaßen – wie steht es denn mit diesem hier?

Die Geschichte handelt von Erin, die nach der Lektüre von Marie Kondo aufräumt – auch bei ihrer größten Leidenschaft, dem Lesen bzw. Büchern, räumt sie auf, indem sie Bücher ins Bücherregal bringt. Zwar fühlt sie sich erleichtert, doch dummerweise war auch eins ihrer Lieblingsbücher dabei. Als sie es erfreut wiederentdeckt, ist die Freude zunächst nur verhalten, hat doch jemand darin ihre Notizen kommentiert und lädt sie obendrein ein, sich in einem anderen Buch wiederzutreffen. In der Tat lässt Erin sich auf die Einladung ein und lernt so James kennen. Beide kommunizieren nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes über Bücher, sondern „erzählen“ sich auch von Dingen, die sie niemand anderem anvertrauen – und das obwohl sie einander fremd sind – oder nicht?

Ja, Bücher nehmen einen großen Raum in dieser Geschichte ein, und nicht nur, weil sie das Kommunikationsvehikel zwischen den Protagonisten sind, sondern weil sich deren Gedanken- und Gefühlswelt über die Handlungen in den kommentierten Büchern entfaltet. Beide Figuren bzw. Gefühlswelten sind ziemlich melancholisch, haben sie doch beide einen großen Verlust erlitten und versuchen sich davon zu „befreien“. Also ist das (Hör-)Buch längst nicht (nur) lustig, sondern greift ernste Themen auf. Aber ist es denn lustig? Schließlich wird es ja als romantische Komödie beworben. Hm, „Komödie“ scheint etwas hoch gegriffen, außer man betrachtet es als Gegenteil der Tragödie – dann kommt es hin. Denn sicherlich erwartet man keinen Humor der albernen Sorte, aber hier ist er doch sehr wohldosiert (wobei gerade Erin mit ihrer Aufräumentschlossenheit und anderen Anwandlungen schon hinreißend komisch sein kann) … „romantisch“? Das kommt schon eher hin, denn dieses vorsichtige Tasten nach den Gefühlen des anderen entlang klassischer Geschichten ist dem Wortsinn nach definitiv romantisch. Wer jedoch eine „typische Liebesgeschichte“ erwartet, ist hier fehl am Platze. Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der Protagonisten, denen Anna-Lena Zühlkes und Alexander Pensels Stimmen Leben einhauchen. Freude am Hören bzw. Lesen werden vorwiegend Hörer/Leser haben, die auch mit den von Erin und James jeweils referenzierten Werken etwas anzufangen wissen, weil die Grundidee eben von der Indirektheit des Entstehens und Verarbeitens von Gefühlen lebt. Insofern weist das Buch wohl eine Schwäche auf: Eigentlich ist es den Protagonisten nach eine Geschichte für junge Erwachsene, der verwendeten Literatur nach jedoch eine für die ab mindestens mittlerem Alter. Mir bot das Hören mit einzelnen Abzügen durchaus gute Unterhaltung, weshalb es 4 Sterne gibt.