Stimmt nachdenklich

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mike nelson Avatar

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Stimmt nachdenklich. In der Jugend wünscht sich der Mensch eher möglichst schnell erwachsen zu werden; ab einem gewissen Alter aber scheint sich dies umzukehren und viele Menschen wünschen sich ihre Jugend zurück, zumindest aber einen gesunden und fitten Körper. Sobald sich erste Gebrauchsspuren zeigen und die eigene Gesunderhaltung 'Projektcharakter' bekommt, kommt vielen Menschen der Traum vom 'Jüngersein' in den Sinn. Und genau diese Thematik bespielt Maxim Leo in seinem neuen Roman "Wir werden jung sein". Der etwas nerdige Charité-Professor Mosländer - der sich selbst über die Jahre ein wenig hat gehen lassen - testet im Rahmen der Stammzellenforschung an nur wenigen Probanden und auch an sich selbst und seinem Hund ein neues Medikament, welches die Erneuerung ganz bestimmter Organe und Organsysteme anstoßen soll. Dabei machen die Probanden und auch Mosländer selbst die erstaunliche Beobachtung dass ein Verjüngungsprozess einsetzt, der den Gesamtorganismus umfasst. Schon nach kurzer Zeit ist das biologische Alter um circa 8 Jahre gesunken: Eine Schwimmerin übertrifft ihre bereits länger zurückliegenden, internationalen Rekorde, ein eigentlich sterbenskranker Unternehmer gewinnt zunächst den Lebensmut zurück, eine langersehnte Schwangerschaft funktioniert plötzlich, ein junger Mann - mitten in seiner ersten Liebesbeziehung - entwickelt sich zurück zu einem Kind... Es ist eine wahre Freude, diesen ersten Kapiteln zu folgen. In der zweiten Hälfte des Romans geht es dann ein wenig schnell... andere Kreise interessieren sich für das Medikament, weil sie befürchten, nur die Reichen würden es sich leisten können. Es werden ethisch-moralische und ökonomische, aber auch religiöse Aspekte erörtert und natürlich die Frage, ob etwas aufzuhalten ist, was einmal erfunden wurde und ob ein derartiger Entwicklungsprozess überhaupt zu kontrollieren ist; ob der Mensch noch kreativ und erfinderisch ist, wenn ihm das ewige Leben gegeben ist... Einiges reißt Maxim Leo nur an, was etwas mehr Tiefe und Ausführlichkeit verdient hätte... auch entschwinden die Probanden mit ihren individuellen Geschichten der Verjüngung im zweiten Teil ein wenig aus dem Fokus. Zugutehalten muss man "Wir werden jung sein", dass es auf sehr unterhaltsame Weise zum Nachdenken anregt. Und ich bin dem Autor äußerst dankbar, dass er den Stoff nicht für einen Thriller verbraten hat ;-)