Zweites Leben

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owenmeany Avatar

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Ein bemerkenswertes Gedankenkonstrukt spielt Leo in seinem jüngsten Roman durch. Schon mehrmals haben mich seine originellen Ansätze beeindruckt: im "Held vom Bahnhof Friedrichstraße" um einen unbeabsichtigt zum Widerstandskämpfer avancierten Straßenbahnfahrer und in "Frankie" um einen Kater, der mehrfach sein Herrchen vom Suizid abhält.

Im aktuellen Fall zeigt ein neuentwickeltes Herzmedikament in der Probephase die sensationelle Nebenwirkung, die Patienten zu verjüngen und von ihren Altersgebrechen zu heilen. Die individuellen Konsequenzen stellt er an vier sehr unterschiedlichen Personen dar: einem reichen alten Unternehmer mit Sterbeverlangen, einem pubertären Schüler mit kreativen Computerkenntnissen, einer Mittdreißigerin mit unerfülltem Kinderwunsch und einer ehemaligen Leistungssportlerin.

Kapitel für Kapitel fokussiert jeweils auf einen dieser Leute, das sorgt für eine aussagekräftige Basis, erschwert aber die Identifikation über die relativ schmalen 300 Seiten hinweg, die darüber hinaus auch die gesellschaftlichen Folgen andeuten. Trotz gelegentlicher philosophischer Betrachtungen einer Medizinethikerin bleibt es bei Denkanstößen, die eventuell im Gespräch weiterzuverfolgen dem interessierten Leser unbenommen bleibt.

Das Ganze lässt sich mühelos konsumieren, ohne seicht zu sein, denn Leo erspart uns konsequent unnötige sprachliche Manierismen. Wer solide Unterhaltung bei thematischer Seriosität sucht, kann getrost zu diesem Roman greifen.