Leiser Krimi

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singstar72 Avatar

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Schon vorher war mir von einer Freundin erzählt worden, dies sei ein zwar guter, aber doch recht bedächtiger Krimi. Ich kann ihr Urteil nur bestätigen. Hier wird nahezu in Echtzeit ermittelt, gründlich, aber ohne viel Blut oder Action. Die Spannung ist in diesem Buch sehr untergründig, und eher psychologisch angelegt.

Eigentlich ist für mich auch der Titel falsch gewählt. William Wisting ist zwar der hauptsächlich zuständige Ermittler, aber er ist nicht der einzige Erzähler. Es gibt zwei weitere Perspektiven, die langsam aber sicher ins Buch eingebaut werden. Erstens die von Adrian Stiller, eines Kollegen von Wisting, der aus Oslo kommt und sich auf alte, ungelöste Fälle spezialisiert hat. Und die Perspektive von Wistings Tochter, Line. Sie ist junge Journalistin, und wird dafür abgestellt, über diesen alten Fall zu berichten, und auch noch einen Podcast dazu zu erstellen.

Man merkt schon sehr, dass der Autor selber Kommissar war. Er schildert die notwendigen Schritte der Polizeiarbeit sehr kleinschrittig, und kann glaubwürdig vermitteln, dass diese Arbeit aus viel Routine und wenig Abwechslung besteht. Die Figur William Wisting ist sehr realistisch angelegt. Er ist ein liebevoller Großvater und Vater, und eigentlich habe ich ihn hauptsächlich in diesen Eigenschaften, also als Mensch, wahrgenommen. Der Ermittler kam für mich erst an zweiter Stelle. Das war vermutlich beabsichtigt…!

Das Buch ist sehr „leise spannend“, so würde ich es einmal nennen. Die Spannung bezieht sich hauptsächlich aus dem Spiel zwischen Wisting und dem Hauptverdächtigen. Gleichzeitig „ermittelt“ Line auf ihre Art ja auch, da sie für die Zeitung in dem alten Fall wühlt. Und Adrian Stiller, der neue Kollege, scheint eine ganz eigene Agenda zu verfolgen… Dennoch steigert sich der Spannungsbogen gerade in den allerletzten Kapiteln noch einmal immens, weil es hier schon rein zeitlich eng wird. Die ganze Sache hätte auch haarscharf schief gehen können! Aber mehr verrate ich hier natürlich nicht.

Am Ende werden auch ein paar wenige Fäden offen gelassen. Daraus kann ich nur schließen, dass Adrian Stiller in weiteren Bänden vorkommen wird. Scheinbar soll es noch mehr „Cold Cases“ mit Wisting geben. Ich wäre auf jeden Fall dabei!