Anspruchsvolle Literatur aus Österreich

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imperatorwilma Avatar

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Philippine wächst in einem beschaulichen Dorf westlich von Wien auf. Ein glückliches Leben mit ihren Eltern und ihren vier Brüdern. Doch dann soll sie den Seppl heiraten, einen brutalen Mann gerne quält. Doch darauf hat Philippine keine Lust, und so reißt sie von zuhause aus und wird sehr schnell zu einem Philipp. So führt sie ihr Weg nach Wien, wo sie ein Gymnasium besucht, nach Rom, zum Studium der Medizin, und nach Coimbra in Portugal, wo sie Kartografie studiert. Doch dann lernt sie dort einen jungen Mann kennen und ihr gut gehütetes Geheimnis droht entdeckt zu werden.

Der Klappentext und der Verlag, in dem das Buch erschienen ist, versprechen einiges. Allerdings wurde nicht alles davon eingehalten. Sprachlich wurden meine Erwartungen vollends erfüllt. Mysteriös, nebulös und umschreibend, gleichzeitig knapp und reduziert begleitet man Philipp auf zwei Zeitebenen, einer zu seinen Gymnasialzeiten, und bei seinem Studium in Coimbra auf der anderen. Hierbei muss man beim Lesen dann aber besonders aufpassen, sich nicht zu verlieren, da die Übergänge zwar durch Kapitel abgetrennt sind, aber die Zeitebene nicht genau markiert ist, und so die Übergänge immer ein wenig verschwimmen. Die Handlung hat es mir allerdings nicht so angetan. Ihre Probleme, die Geheimniskrämerei rund um ihr wahres Geschlecht und generell ihre hochtrabenden Träume und Wünsche boten zwar sehr viel Potential, von dem allerdings sehr viel ungenützt blieb. So plätscherte die Geschichte ohne große Aufregungen, aber dennoch recht unruhig dahin, und es kam kaum Spannung auf. Insofern gestaltete sich der Lesefluss für mich recht zäh und man musste auch extrem Konzentriert bleiben, um den Faden der Geschichte nicht zu verlieren. Mehr oder weniger Begeistern konnten mich die Charaktere. Wir haben einen Hauptcharakter, der so unnahbar ist, dass beim Lesen die Grenzen zwischen männlich und weiblich verschwimmen, gewollt oder nicht, das kann ich nicht beurteilen. Einerseits empfinde ich das Funktionieren des Hauptcharakters ohne eindeutig männliches oder weibliches Gesicht als besonders spannend und politisch, auf der anderen Seite störte mich die Fremde und Unnahbarkeit, die Philipp ausstrahlt. Er wurde schwer greifbar und deswegen kaum ein sympathieträger. Aber auch die anderen Protagonist:innen bleiben zu großen Teilen im Schatten verborgen. Teilweise hatte ich dann beim Lesen sogar das Problem, dass ich einige davon verwechselt habe. Auch das Ende konnte mich überhaupt nicht zufrieden stellen. Zwar läuft es auf ein offenes Ende hinaus, aber das ganze versandet so sehr, dass bei mir keineswegs das Gefühl eines einigermaßen gelungenen Endes aufkam.

Nach Abschluss der Lektüre stellte sich bei mir also kein zufriedenes Gefühl ein, auch wenn ich den Schreibstil und auch andere Aspekte der Geschichte, wie beispielsweise das historische Setting, sehr geschätzt habe.