Identität, Klima, Herkunft – aber ohne literarische Wucht

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aschaeff Avatar

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„Wo die Moltebeeren leuchten“ ist der Auftakt einer nordischen Familiensaga vor der rauen, atmosphärischen Kulisse Nordschwedens. Ulrika Lagerlöf erzählt in zwei miteinander verwobenen Zeitsträngen:

1938 begegnen wir Siv, die als Köchin in einem abgelegenen Holzfällerlager arbeitet und sich in einen Waldsami verliebt – eine Verbindung, die aufgrund gesellschaftlicher Konflikte zwischen der schwedischen Mehrheitsgesellschaft und der indigenen Minderheit als prekär gilt.

2022 kehrt Eva, Sivs Enkelin, im Auftrag eines Forstunternehmens in ihre alte Heimat zurück. Dort trifft sie auf eine Gruppe militanter Fridays-for-Future-Aktivistinnen, die den geplanten Holzeinschlag sabotieren wollen – und wird gezwungen, sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinanderzusetzen.

Der Erzählstil ist ruhig und unaufdringlich. Gelungen sind die kleinen Einblicke in die samische Kultur sowie in die historischen Spannungen zwischen indigener Minderheit und schwedischer Mehrheitsgesellschaft.

Hier hätte sich jedoch - und hier komme ich schon zu meinem Haupt-Kritikpunkt - viel Potenzial für mehr Tiefe geboten – dieses bleibt jedoch weitgehend ungenutzt. Die Figuren – sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart – wirken blass und lassen keine tiefgreifende Charakterentwicklung erkennen.

Die Darstellung der Fridays-for-Future-Aktivistinnen hingegen gerät klischeehaft und überzeichnet. So verschenkt der Roman die Chance auf eine differenzierte Auseinandersetzung mit einem hochaktuellen Konflikt.

„Wo die Moltebeeren leuchten“ bietet atmosphärische Landschaftsbilder und greift wichtige und spannende Themen auf – darunter Klimaaktivismus & Generationenkonflikt, Identität & Herkunft, koloniale und kulturelle Spannungen, weibliche Lebensentwürfe im Wandel der Zeit.

Literarisch bleibt der Roman jedoch hinter seinen Möglichkeiten deutlich zurück.

Für mich wird es daher eher keine Fortsetzung geben.