In den tiefen Wäldern Nordschwedens…solange es sie noch gibt
In diesem stimmungsvollen Roman werden wir auf zwei Zeitebenen nach Nordschweden entführt:
Zum einen erleben wir, wie die junge Siv im Jahr 1938 als 17jährige in einem Waldarbeitercamp als Köchin zu arbeiten beginnt. Mitten im tiefsten Winter, für drei ewig lang erscheinende Monate. Zum anderen begleiten wir Eva, die bei einem Forstunternehmen arbeitet, in ihre alte Heimat nach Nordschweden, wo sie in einem Konflikt zwischen ihrem Arbeitgeber und Umweltschützern vermitteln soll.
Wie sich schnell herausstellt (und ich denke das ist kein Spoiler), ist Siv die Großmutter von Eva und anhand dieser beiden Frauen erleben wir die Gegend mit ihren Menschen und Problemen in zwei verschiedenen Jahrhunderten.
Während Eva sich heute mit radikalen Umweltschützern auseinandersetzen muss, die auch nicht vor Gewalt zurückzuschrecken scheinen, kämpft Siv mit den Widrigkeiten der Natur bei strengem Frost und muss sich unter 10 Waldarbeitern behaupten.
Die Geschichten beider Frauen spiegeln die Geschichte des Landes, die auch von Ausgrenzung und fehlender Chancengerechtigkeit zeugt. Außerdem zeigt sie auf wie schwierig es ist, zwischen den Bedürfnissen von Mensch und Natur zu gewichten. In Sivs zögerndem Kennenlernen eines jungen Sami wird auch wiedergespiegelt, wie schwierig die Bedingungen für die Ursprungsvölker im 20. Jahrhundert wurden und wie ihnen immer mehr ihrer natürlichen Lebensform abgerungen wurde, bis sie kaum mehr eine andere Chance hatten, als sich den Schweden anzupassen und ihre Kultur teilweise aufzugeben. Dieser Part der Geschichte ist mir besonders nahe gegangen.
Mit Evas Geschichte bin ich leider nicht so ganz warm geworden, obwohl die sogar einige Spannungselemente vorweisen konnte. Während Evas Aufenthalt in der nordschwedischen Kleinstadt will offenbar jemand, dass sie schnellstmöglich wieder verschwindet und versucht sie aus dem Hinterhalt einzuschüchtern. Dies treibt die Geschichte voran, da man wissen möchte, wer hier seine Finger im Spiel hat und aus welchen konkreten Gründen.
Insgesamt konnte mich der historische Teil des Buches deutlich mehr packen als der Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt. Ich hätte mir daher Sivs Geschichte als (durchgehend) historischen Roman gewünscht. Lesenswert fand ich beide, aber faszinierter war ich einfach von Sivs Geschichte. Aber es gibt ja sehr viele Leser, die Romane auf zwei Zeitebenen lieben - und die werden mit diesem Buch definitiv einen guten Griff tun!