Wer ist des Menschen Wolf?

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Die Wissenschaftlerin Inti Flynn begleitet die Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands. Das Thema bzw. die Tiere sind dort wie sonst auch heiß umstritten, doch Inti ist überzeugt, dass die Wölfe die einzige Möglichkeit sind, das biologische Gleichgewicht wieder herzustellen. Doch wie die Wölfe für die Highlands eine neue Chance sind, sind es die Highlands und das Projekt für Inti, die sich nach einem traumatischen Erlebnis und nicht zuletzt ihrer extremen Empfindsamkeit wegen von den Menschen zurückgezogen hat. Doch auch in den Highlands wird sie Konflikten ausgesetzt, als die Leiche eines Farmers gefunden wird und die Wölfe gejagt werden. Wer wird „siegen“, Mensch oder Wölfe bzw. Natur und wird Inti je wieder Menschen in ihre Nähe lassen?

Einmal mehr hat Charlotte McConaghy Wildtiere und Menschen, die sich mit ihnen befassen, ins Zentrum ihres Romans gerückt. Somit sind einige Themen quasi immanent: Natur- und Wildtierschutz, der Kampf der Wissenschaftler für Fakten, die (subjektive und doch reale) Angst der Menschen. Weniger offensichtlich ist der zweite „Handlungsstrang“, bei dem es um Inti, ihre Zwillingsschwester und ihrer beider Vater geht – auch hier spielt Gewalt (wie bei den Wölfen auch) eine Rolle – und dann ist da noch Intis „Erkrankung“ (eigentlich merkwürdig, dass wir Menschen, die sehr genau die Emotionen anderer Lebewesen wahrnehmen, als krank bezeichnen). So gibt es dann eine Menge Parallelen, aber auch Unterschiede zwischen den zwei „Handlungssträngen“, denen man während des Lesens nachspüren kann – das ist dann der „spannende“ Teil, zumindest wenn man sich bis dahin nicht mit der Ansiedlung von Wildtieren und den daraus erwachsenden Konflikten befasst hatte. Ansonsten ist das Buch in nahezu jeder Hinsicht eher melancholisch und macht nachdenklich: Sind wir Menschen nicht das weit „üblere Raubtier“ als der Wolf und schaden wir der Welt (und das ist ganzheitlich gemeint: dem Planeten, aber auch allen anderen darauf) nicht weit mehr, als es ein Wolf je vermöchte)? Beim Hörbuch setzt Eva Meckbach das mit ihrer ruhigen und doch oder gerade deshalb nachdrücklichen Erzählweise sehr gut um. Voraussetzung, um die Lektüre oder das Hören als Bereicherung zu empfinden, ist es wohl, dass man sich für die beiden Themen interessiert, mit ruhigen Geschichten und einem vorgehaltenen Spiegel klarkommt.