Modernes Downton Abbey
„Wenn man nur weit genug zurückgeht, hat jede Familie schreckliche Dinge getan.“ Als ein englischer Landgutbesitzer stirbt, kommen seine drei erwachsenen Kinder mit wenigen anderen, der Familie nahestehenden Personen auf dem 400 Hektar großen herrschaftlichen Anwesen für seine Beerdigung zusammen. Die Rahmenhandlung entfaltet sich in einem Zeitraum von nur fünf Tagen, zeichnet durch zahlreiche Erinnerungen aus verschiedenen Perspektiven jedoch ein umfassendes Bild der einzelnen Figuren und ihrer Beziehungen zueinander. Nicht alle Protagonist:innen sind sympathisch, jede:r hat ein Päckchen zu tragen.
Frannie, älteste Tochter und Haupterbin, hat sich die Renaturierung des Grundstücks zur Lebensaufgabe gemacht, um ihrer Tochter und deren Generation eine lebenswerte Zukunft zu bieten. Ihrer Liebe zu der sie umgebenden Natur wird im Roman an vielen Stellen Raum eingeräumt, sie ist omnipräsent: „und wenn er dann zu sterben beginnt, wird er in diesem Akt des Sterbens ungeheuer viel Leben spenden. (…) Das tun Eichen. Sie beherbergen mehr Leben als jeder andere Baum und sie wandeln Kohlenstoff in Sauerstoff um, der selbstloseste, der notwendigste Akt auf diesem Planeten heute. Sie denken nicht an Gewinn oder Profit oder Skalierung. Sie geben. Sie teilen.“
Dabei finde ich spannend, dass Anna Hope sich zweier oft unabhängig voneinander behandelter Themen annimmt und diese in Beziehung setzt: Wie hängen notwendige historische Aufarbeitung, vererbter Reichtum und die Verantwortung gegenüber kommender Generationen zusammen? Haben „menschliche Dramen lange genug die Bühne für sich beansprucht“, ist es nun an der Zeit, nichtmenschliches Leben auf dem Planeten zu priorisieren? Oder hängt nicht vielmehr alles miteinander zusammen?
Neben diesen Fragen zeichnet Hope auch das Bild einer dysfunktionalen Familie, die einerseits von ihrem Erbe profitiert, andererseits aber unter Erwartungen und Rollenbildern leidet: „(…) doch sie war in dem Glauben erzogen worden, die Ehe sei unantastbar. Und als sich das ganze verheerende Ausmaß ihrer Ehe offenbarte, zeigte sich auch das ganze verheerende Ausmaß ihrer Erziehung, die sie mit nichts ausgestattet hatte, außer mit der Sehnsucht nach Hirngespinsten und der Hinnahme von Unterwerfung und Schmerz.“
Grundsätzlich mag ich Anna Hopes eindringlichen, ruhigen Schreibstil sehr und habe schon „Was wir sind“ gerne gelesen. Allerdings war ich etwas enttäuscht, dass der aufgeworfene Hauptkonflikt letztlich vergleichsweise knapp angerissen und nicht wirklich gelöst wurde. Für meinen Geschmack war am Ende zu viel offen, vor allem weil zuvor sehr langsam und stellenweise sogar etwas zäh auf die große Enthüllung hingearbeitet wurde.
Insgesamt hat mir das Buch aber gut gefallen und ich kann es schon aufgrund vieler Denkanstöße sehr empfehlen. „Ich weiß nicht so recht (…) Hat sich ein Goldrausch je gut ausgewirkt? Auf die indigene Bevölkerung? Die menschliche oder die nicht menschliche?“
Frannie, älteste Tochter und Haupterbin, hat sich die Renaturierung des Grundstücks zur Lebensaufgabe gemacht, um ihrer Tochter und deren Generation eine lebenswerte Zukunft zu bieten. Ihrer Liebe zu der sie umgebenden Natur wird im Roman an vielen Stellen Raum eingeräumt, sie ist omnipräsent: „und wenn er dann zu sterben beginnt, wird er in diesem Akt des Sterbens ungeheuer viel Leben spenden. (…) Das tun Eichen. Sie beherbergen mehr Leben als jeder andere Baum und sie wandeln Kohlenstoff in Sauerstoff um, der selbstloseste, der notwendigste Akt auf diesem Planeten heute. Sie denken nicht an Gewinn oder Profit oder Skalierung. Sie geben. Sie teilen.“
Dabei finde ich spannend, dass Anna Hope sich zweier oft unabhängig voneinander behandelter Themen annimmt und diese in Beziehung setzt: Wie hängen notwendige historische Aufarbeitung, vererbter Reichtum und die Verantwortung gegenüber kommender Generationen zusammen? Haben „menschliche Dramen lange genug die Bühne für sich beansprucht“, ist es nun an der Zeit, nichtmenschliches Leben auf dem Planeten zu priorisieren? Oder hängt nicht vielmehr alles miteinander zusammen?
Neben diesen Fragen zeichnet Hope auch das Bild einer dysfunktionalen Familie, die einerseits von ihrem Erbe profitiert, andererseits aber unter Erwartungen und Rollenbildern leidet: „(…) doch sie war in dem Glauben erzogen worden, die Ehe sei unantastbar. Und als sich das ganze verheerende Ausmaß ihrer Ehe offenbarte, zeigte sich auch das ganze verheerende Ausmaß ihrer Erziehung, die sie mit nichts ausgestattet hatte, außer mit der Sehnsucht nach Hirngespinsten und der Hinnahme von Unterwerfung und Schmerz.“
Grundsätzlich mag ich Anna Hopes eindringlichen, ruhigen Schreibstil sehr und habe schon „Was wir sind“ gerne gelesen. Allerdings war ich etwas enttäuscht, dass der aufgeworfene Hauptkonflikt letztlich vergleichsweise knapp angerissen und nicht wirklich gelöst wurde. Für meinen Geschmack war am Ende zu viel offen, vor allem weil zuvor sehr langsam und stellenweise sogar etwas zäh auf die große Enthüllung hingearbeitet wurde.
Insgesamt hat mir das Buch aber gut gefallen und ich kann es schon aufgrund vieler Denkanstöße sehr empfehlen. „Ich weiß nicht so recht (…) Hat sich ein Goldrausch je gut ausgewirkt? Auf die indigene Bevölkerung? Die menschliche oder die nicht menschliche?“