Vielschichtiges Porträt über Beziehungen zwischen Menschen und Natur, mit gewissen Längen
"Wenn man nur weit genug zurückgeht, hat jede Familie schreckliche Dinge getan."
Als das Familienoberhaupt Philipp Brooke stirbt, hinterlässt er seiner Tochter Frannie ein vierhundert Hektar großes Grundstück. Sie will dort das Renaturierungsprojekt, das sie mit ihrem Vater gestartet hat, weiterführen. Zur Beerdigung reisen auch ihre beiden Geschwister Isa und Milo an - ebenso wie ein unerwarteter Gast. Die fünf Tage vor, während und nach der Beerdigung halten für alle Menschen, die mit dem malerischen Landgut im englischen Sussex zu tun haben, große Veränderungen bereit.
Anna Hopes Roman "Expectations" hatte mich vor einiger Zeit als Hörbuch sehr überzeugt, und so habe ich mich auf diesen neuen Roman der Autorin gefreut. Erneut beweist sie großes Geschick darin, ihre Figuren als Teile eines Beziehungsnetzwerks zu zeigen. Niemand ist eindimensional, alle haben füreinander ganz unterschiedliche Bedeutungen und nehmen verschiedenste Rollen ein - innerhalb der Familie, im Verbund des Landguts, außerhalb dieser Parallelwelt. Alle haben gute und schlechte Seiten, die Figuren sind authentisch, real, aus Fleisch und Blut. Die zahlreichen Perspektivwechsel bringen eine schöne Dynamik in das Buch, und man meint bei jeder Figur auch wirklich eine andere Stimme zu hören. Besonders gelungen ist das bei der kindlichen Sicht der 7-jährigen Rowan, Frannies Tochter. Woran es dann handwerklich aber hapert: Zu oft wird das Gleiche wiederholt, zu oft werden die Figuren eingeführt, in Dialogen, Erinnerungen, Selbstbeschreibungen. Man hat den Eindruck, immer wieder die gleichen Hintergrundinfos zu lesen, die dann zwar leicht abgewandelt kommentiert und betrachtet werden, aber dennoch einen Beigeschmack von Zähigkeit hinterlassen. Ein Pageturner war es dadurch leider nicht.
Wunderbar gelungen sind die Beschreibungen der gewaltigen Natur auf dem Anwesen, die Anstrengungen für die Renaturierung, die Bedeutsamkeit solcher Projekte in Zeiten von Artensterben, Klimawandel und Naturkatastrophen. Dass Clara, unerwarteter Gast auf der Beerdigung des Familienoberhaupts Philipp, dann beunruhigende Nachrichten für die Familie hat, kommt gerade Frannie, die das Projekt federführend leitet, gar nicht gelegen. Die Enthüllung von Claras Entdeckungen wird über die ersten 300 Seiten aufgebauscht, und was dann am Ende dabei rauskommt, ist eigentlich kaum überraschend. Die Familie kämpft um Fassung, dass diese neue Info aber alles derart ins Wanken bringen sollte, ist nicht gerade überzeugend. Naja, sei's drum - der Spannungsbogen wirkt zwar erzwungen und wird am Ende nicht eingelöst, aber das Thema, wie stark englischer Landadel mit kolonialen Verbrechen verquickt ist, ist dennoch ein Thema, das Beachtung verdient.
Insgesamt transportiert der Roman ein vielschichtiges Bild menschlicher Beziehungen, zeigt Innerlich- und Äußerlichkeiten jeder einzelnen Figur, ihre Gedanken, Schmerzen, Hoffnungen und Ängste. Das alles findet statt vor der fest surreal malerischen Kulisse eines englischen Landguts, dem eine düstere koloniale Vergangenheit anhaftet. Das nutzt Anna Hope, um große Fragen aufzuwerfen: Wie sehr sind wir für die Verfehlungen unserer Ahnen verantwortlich? Darf oder muss das einstmals Verwerfliche heute nicht dazu genutzt werden, eine bessere Zukunft zu errichten? Wie kann familiärer Zusammenhalt gelingen, auch wenn alle ihre eigene Version der Vergangenheit haben, ihren eigenen Schmerz in den Beziehungen? Daher eine lohnenswerte Lektüre, auch wenn sie nicht ohne ein paar zähe Passagen auskommt.
Als das Familienoberhaupt Philipp Brooke stirbt, hinterlässt er seiner Tochter Frannie ein vierhundert Hektar großes Grundstück. Sie will dort das Renaturierungsprojekt, das sie mit ihrem Vater gestartet hat, weiterführen. Zur Beerdigung reisen auch ihre beiden Geschwister Isa und Milo an - ebenso wie ein unerwarteter Gast. Die fünf Tage vor, während und nach der Beerdigung halten für alle Menschen, die mit dem malerischen Landgut im englischen Sussex zu tun haben, große Veränderungen bereit.
Anna Hopes Roman "Expectations" hatte mich vor einiger Zeit als Hörbuch sehr überzeugt, und so habe ich mich auf diesen neuen Roman der Autorin gefreut. Erneut beweist sie großes Geschick darin, ihre Figuren als Teile eines Beziehungsnetzwerks zu zeigen. Niemand ist eindimensional, alle haben füreinander ganz unterschiedliche Bedeutungen und nehmen verschiedenste Rollen ein - innerhalb der Familie, im Verbund des Landguts, außerhalb dieser Parallelwelt. Alle haben gute und schlechte Seiten, die Figuren sind authentisch, real, aus Fleisch und Blut. Die zahlreichen Perspektivwechsel bringen eine schöne Dynamik in das Buch, und man meint bei jeder Figur auch wirklich eine andere Stimme zu hören. Besonders gelungen ist das bei der kindlichen Sicht der 7-jährigen Rowan, Frannies Tochter. Woran es dann handwerklich aber hapert: Zu oft wird das Gleiche wiederholt, zu oft werden die Figuren eingeführt, in Dialogen, Erinnerungen, Selbstbeschreibungen. Man hat den Eindruck, immer wieder die gleichen Hintergrundinfos zu lesen, die dann zwar leicht abgewandelt kommentiert und betrachtet werden, aber dennoch einen Beigeschmack von Zähigkeit hinterlassen. Ein Pageturner war es dadurch leider nicht.
Wunderbar gelungen sind die Beschreibungen der gewaltigen Natur auf dem Anwesen, die Anstrengungen für die Renaturierung, die Bedeutsamkeit solcher Projekte in Zeiten von Artensterben, Klimawandel und Naturkatastrophen. Dass Clara, unerwarteter Gast auf der Beerdigung des Familienoberhaupts Philipp, dann beunruhigende Nachrichten für die Familie hat, kommt gerade Frannie, die das Projekt federführend leitet, gar nicht gelegen. Die Enthüllung von Claras Entdeckungen wird über die ersten 300 Seiten aufgebauscht, und was dann am Ende dabei rauskommt, ist eigentlich kaum überraschend. Die Familie kämpft um Fassung, dass diese neue Info aber alles derart ins Wanken bringen sollte, ist nicht gerade überzeugend. Naja, sei's drum - der Spannungsbogen wirkt zwar erzwungen und wird am Ende nicht eingelöst, aber das Thema, wie stark englischer Landadel mit kolonialen Verbrechen verquickt ist, ist dennoch ein Thema, das Beachtung verdient.
Insgesamt transportiert der Roman ein vielschichtiges Bild menschlicher Beziehungen, zeigt Innerlich- und Äußerlichkeiten jeder einzelnen Figur, ihre Gedanken, Schmerzen, Hoffnungen und Ängste. Das alles findet statt vor der fest surreal malerischen Kulisse eines englischen Landguts, dem eine düstere koloniale Vergangenheit anhaftet. Das nutzt Anna Hope, um große Fragen aufzuwerfen: Wie sehr sind wir für die Verfehlungen unserer Ahnen verantwortlich? Darf oder muss das einstmals Verwerfliche heute nicht dazu genutzt werden, eine bessere Zukunft zu errichten? Wie kann familiärer Zusammenhalt gelingen, auch wenn alle ihre eigene Version der Vergangenheit haben, ihren eigenen Schmerz in den Beziehungen? Daher eine lohnenswerte Lektüre, auch wenn sie nicht ohne ein paar zähe Passagen auskommt.