Über vielfältige Verbindungen zwischen Menschen
Der Roman "Wohin du auch gehst" von Christina Fonthes heißt im englischsprachigen Original "Where you go, I will go". Das bezieht sich auf den Bibelspruch aus dem Buch Rut: "Rut antwortete: Dränge mich nicht, dich zu verlassen und umzukehren. Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich, da will ich begraben sein. Der Herr soll mir dies und das antun – nur der Tod wird mich von dir scheiden.", der gerne bei Hochzeiten zitiert wird. Dabei geht es ursprünglich darin gar nicht um eine heterosexuelle Paarbeziehung, sondern um die Verbindung zwischen der verwitweten Rut und ihrer Schwiegermutter.
Damit ist es eine äußerst klug und passend gewählte Referenz für ein besonderes Buch, in dem es um vielfältige Beziehungen zwischen Menschen geht, die über klassische heterosexuelle Paarbeziehungen, aber auch über leibliche Eltern-Kind-Beziehungen weit hinaus gehen.
Wir erleben das Buch aus zwei Perspektiven, die abwechselnd geschildert werden. Da ist zum einen die lebenslustige, fröhliche, freche Mira, ein 16-jähriger Teenager, die unbeschwert mit ihrer älteren Schwester Eugenie und den gemeinsamen Eltern in Kinshasa in Zaire (jetzt "Demokratische Republik Kongo") in Afrika lebt. Die Mädchen wachsen geliebt und unterstützt auf, die Familie ist finanziell sehr gut situiert, hat ein schönes großes Haus mit Garten, sie sprechen perfekt Französisch und Lingala, dürfen eine gute Schulbildung genießen und haben scheinbar alles, was sie brauchen. Doch die Familie ist auch konservativ und auf ihren Ruf bedacht, insbesondere, da der Vater gerade für den Posten des Gouverneurs kandidiert. So brechen Ereignisse über Mira herein, die sie sehr von ihrer Familie entfremden und für viele Jahre alleine nach Europa führen werden.
Die zweite Perspektive des Buches ist die der jungen Bijoux, etwa 15 bis 25 Jahre später (je nach Kapitel). Es werden Erlebnisse aus verschiedenen Lebensphasen der jungen Frau geschildert, in den meisten Kapiteln ist sie Anfang bis Mitte 20. Bijoux ist bis zu ihrem 12. Lebensjahr bei ihren Eltern Sylvain und Eugenie in Zaire aufgewachsen, als Teil der dortigen Oberschicht mit beiden Eltern in gesellschaftlich hochstehenden Positionen (die Mutter ist etwa Ärztin), jedoch in einer von politischen und militärischen Konflikten überschatteten, unsicheren Zeit. Mit 12 musste sie plötzlich und ungefragt zu ihrer schweigsamen und erzkonservativen Tante Mireille nach Europa ziehen und fortan dort aufwachsen. Nun ist Bijoux seit einigen Jahren volljährig und formal erwachsen, weiß eigentlich, dass sie lesbisch ist, doch es ist eine Herausforderung, gegenüber ihrer Mutter, die eine leitende Position in einer charismatischen Bibelgemeinde einnimmt, dazu zu stehen.
Das Buch ist sehr zugänglich und interessant geschrieben. Ich habe dabei viel über ein mir bisher unbekanntes Land gelernt: Zaire/Kongo. Wie schon beschrieben, ist es die Position einer sehr privilegierten afrikanischen Familie, aus der wir auf dieses Land schauen, und dadurch ganz spezifische Möglichkeiten und Herausforderungen kennen lernen, mit denen die Charaktere zu tun haben. Die Charaktere sind tiefgründig, authentisch und liebevoll gezeichnet, sodass ich mich beim Lesen mit beiden weiblichen Hauptfiguren verbunden gefühlt habe und sehr mitgefiebert habe. Das Thema des Coming-of-Age und Outing speziell als lesbische Frau mit afrikanischem Hintergrund ist für mich gut in die Gesamtkonstruktion des Buches eingewoben. Dabei war es für mich sehr interessant zu lesen, mit wie vielen Schwierigkeiten speziell Bijoux zu kämpfen hat und wie sie ihren Weg findet, aber auch Mira/Mireille ist eine sehr spannende Persönlichkeit mit einer Geschichte, die Mitgefühl erregt und zum Nachdenken anregt, und auch interessante Twists und Turns aufweist.
Ich kann das Buch allen, die sich für Migrationsgeschichten, Afrika, vielschichtige Familienbeziehungen und das Thema Queerness interessieren, oder zumindest für all diese Themen offen sind, sehr empfehlen. Ich habe es sehr gerne gelesen, dabei mit den Charakteren mitgefiebert, wurde gut unterhalten und habe so einiges gelernt.
Damit ist es eine äußerst klug und passend gewählte Referenz für ein besonderes Buch, in dem es um vielfältige Beziehungen zwischen Menschen geht, die über klassische heterosexuelle Paarbeziehungen, aber auch über leibliche Eltern-Kind-Beziehungen weit hinaus gehen.
Wir erleben das Buch aus zwei Perspektiven, die abwechselnd geschildert werden. Da ist zum einen die lebenslustige, fröhliche, freche Mira, ein 16-jähriger Teenager, die unbeschwert mit ihrer älteren Schwester Eugenie und den gemeinsamen Eltern in Kinshasa in Zaire (jetzt "Demokratische Republik Kongo") in Afrika lebt. Die Mädchen wachsen geliebt und unterstützt auf, die Familie ist finanziell sehr gut situiert, hat ein schönes großes Haus mit Garten, sie sprechen perfekt Französisch und Lingala, dürfen eine gute Schulbildung genießen und haben scheinbar alles, was sie brauchen. Doch die Familie ist auch konservativ und auf ihren Ruf bedacht, insbesondere, da der Vater gerade für den Posten des Gouverneurs kandidiert. So brechen Ereignisse über Mira herein, die sie sehr von ihrer Familie entfremden und für viele Jahre alleine nach Europa führen werden.
Die zweite Perspektive des Buches ist die der jungen Bijoux, etwa 15 bis 25 Jahre später (je nach Kapitel). Es werden Erlebnisse aus verschiedenen Lebensphasen der jungen Frau geschildert, in den meisten Kapiteln ist sie Anfang bis Mitte 20. Bijoux ist bis zu ihrem 12. Lebensjahr bei ihren Eltern Sylvain und Eugenie in Zaire aufgewachsen, als Teil der dortigen Oberschicht mit beiden Eltern in gesellschaftlich hochstehenden Positionen (die Mutter ist etwa Ärztin), jedoch in einer von politischen und militärischen Konflikten überschatteten, unsicheren Zeit. Mit 12 musste sie plötzlich und ungefragt zu ihrer schweigsamen und erzkonservativen Tante Mireille nach Europa ziehen und fortan dort aufwachsen. Nun ist Bijoux seit einigen Jahren volljährig und formal erwachsen, weiß eigentlich, dass sie lesbisch ist, doch es ist eine Herausforderung, gegenüber ihrer Mutter, die eine leitende Position in einer charismatischen Bibelgemeinde einnimmt, dazu zu stehen.
Das Buch ist sehr zugänglich und interessant geschrieben. Ich habe dabei viel über ein mir bisher unbekanntes Land gelernt: Zaire/Kongo. Wie schon beschrieben, ist es die Position einer sehr privilegierten afrikanischen Familie, aus der wir auf dieses Land schauen, und dadurch ganz spezifische Möglichkeiten und Herausforderungen kennen lernen, mit denen die Charaktere zu tun haben. Die Charaktere sind tiefgründig, authentisch und liebevoll gezeichnet, sodass ich mich beim Lesen mit beiden weiblichen Hauptfiguren verbunden gefühlt habe und sehr mitgefiebert habe. Das Thema des Coming-of-Age und Outing speziell als lesbische Frau mit afrikanischem Hintergrund ist für mich gut in die Gesamtkonstruktion des Buches eingewoben. Dabei war es für mich sehr interessant zu lesen, mit wie vielen Schwierigkeiten speziell Bijoux zu kämpfen hat und wie sie ihren Weg findet, aber auch Mira/Mireille ist eine sehr spannende Persönlichkeit mit einer Geschichte, die Mitgefühl erregt und zum Nachdenken anregt, und auch interessante Twists und Turns aufweist.
Ich kann das Buch allen, die sich für Migrationsgeschichten, Afrika, vielschichtige Familienbeziehungen und das Thema Queerness interessieren, oder zumindest für all diese Themen offen sind, sehr empfehlen. Ich habe es sehr gerne gelesen, dabei mit den Charakteren mitgefiebert, wurde gut unterhalten und habe so einiges gelernt.